Bürgerschaftliches Engagement für das Kulturerbe in Groß Glienicke

In Groß Glienicke sind zwei Potsdamer Kulturerbenvereine aktiv, die „ihr“ Baudenkmal den Mitgliedern des Kulturstadtvereins präsentiert haben.  Erste Station war das Alexanderhaus im Gutspark von Groß Glienicke. Berlind Wagner und Hannelie Khodaverdi-Weinand vom Alexander-Haus e.V. empfingen die Teilnehmer auf der überdachten Terrasse und erzählten komprimiert die Geschichte der fünf Familien, die das Sommerhaus am See bewohnten. Empfehlenswert ist das Buch von Thomas Harding „Sommerhaus am See“ – Fünf Familien und 100 Jahre deutsche Geschichte.

Alexander-Haus e.V.

1927 pachtet Dr. Alfred Alexander, Präsident der Berliner Ärztekammer, vom Rittergutsbesitzer Otto von Wollank das Grundstück und baut das erste Wochenendhaus in Groß Glienicke. Bis 1936 flieht die Familie vor den Nazis nach England. Fortan bewohnt bis 1944 der Komponist und Verleger Will Meisel mit seiner Frau, der berühmten Schauspielerin Eliza Illiard, das Haus. Danach wohnt dort sein Künstlerischer Leiter Hanns Hartmann mit seiner jüdischen Frau Ottilie bis kurz vor Kriegsende 1945. Später wurde Hartmann 1. Intendant des WDR. 1952 zog aus der Nachbarschaft Ella Fuhrmann mit zwei Kindern als Hausmeisterin in zwei kleine Zimmer. 1958 wurde die Hälfte des Hauses dem Ehepaar Kühne mit zwei Kindern zugewiesen. Wolfgang Kühne bewohnte das Haus 40 Jahre bis zu seinem Tod 1999. Er erlebte die Teilung des Grundstücks durch die Berliner Mauer und konnte erst nach deren Fall 1989 mit seinem Stiefenkelsohn Roland wieder im Glienicker See schwimmen. Roland wohnte mit einem Freund als Letzter bis 2003 in dem Haus. 2013 wurde das durch Leerstand und Vandalismus mitgenommene Gebäude durch privates Engagement der Familie Alexander aus London und von Groß Glienicker Bürgern gerettet. Darüber berichtet auch der Film „Das Haus am Glienicker See“

Im Alexanderhaus werden mittwochs und sonntags Führungen angeboten. Digitale Anmeldung möglich unter https://alexanderhaus.org/visit

Förderverein Dorfkirche Groß Glienicke e.V. 

Burkhard Radtke, seit seiner Geburt in Groß Glienicke wohnhaft, begrüßte die Besucher am Priesterportal der Dorfkirche Groß Glienicke. Der Vorgängerbau der aus behauenen Feldsteinen errichteten Dorfkirche ist als einfache, ungewölbte gotische Saalkirche ohne Turm mit zwei nördlichen Eingängen, einer Priester- und einer Leutepforte, zu Beginn der Dorfgründung um 1250 auf dem höchsten Punkt des Dorfes errichtet worden.

So, wie sie heute zu sehen ist, gibt die Dorfkirche in etwa den Zustand wieder, in den sie im 17. Jahrhundert versetzt wurde, erklärte der ehemalige Vorsitzende des Gemeindekirchenrates. Verantwortlich dafür war vor allem Hans Georg III. von Ribbeck. Der Patronatsherr von Groß Glienicke und Dechant des Brandenburger Domstifts entstammte dem osthavelländischen Zweig der Familie – dem westhavelländischen Zweig hat bekanntlich Theodor Fontane mit seinem berühmten Gedicht ein Denkmal gesetzt. Hans Georg III. ließ die Dorfkirche ab 1679 umbauen.

Als erstes verkürzte Hans Georg III. den Kirchensaal etwas, indem er eine starke Fachwerkwand in etwa 3,50 m Abstand von der Westwand in den Raum stellen ließ. Durch diesen neu geschaffenen Vorraum betritt man seither die Kirche, zudem bekam die Kirche ihr heutiges Dach nebst Türmchen. Anschließend ersetzte man die Holzbalkendecke durch das heutige stuckierte Spiegelgewölbe auf hoher Voute. Die Spiegel sind mit dem Gottessymbol und Engelsdarstellungen ausgemalt. Die Kirchenfenster wurden vergrößert, die Familiengruft angelegt und der Fußboden angehoben.

Seit 2003, nachdem Groß Glienicke nach Potsdam eingemeindet worden war, setzte die Betreuung aller Maßnahmen durch die Untere Denkmalschutzbehörde der Landeshauptstadt ein. Die umfangreichen Restaurierungsarbeiten sind bis auf die Patronatsloge erfolgreich abgeschlossen worden. 

Eine wichtige Weichenstellung hat es aktuell an der Dorfstraße vor der Kirche und dem Friedhof gegeben: Dort hat die Stadt bei einem Grundstücksverkauf ihr Vorkaufsrecht wahrgenommen. Die Bauten werden abgerissen und es soll dort ein freier Platz entstehen, der den Dorfkern von Groß Glienicke aufwerten wird.

Die Dorfkirche Groß Glienicke ist jeden Sonnabend von 16-18 Uhr geöffnet.  Weiterführende Informationen über die Innenausstattung und Restaurierung der Dorfkirche Groß Glienicke von Andreas Kalesse, der 27 Jahre Stadtkonservator der Landeshauptstadt Potsdam war. > Kirchenrestaurierung_Beitrag_A._Kalesse

 

Impressionen vom 1. Ausflug am 30. Juni 2021 nach Groß Glienicke

Impressionen von der Radtour am 3. Juli 2021 nach Groß Glienicke

UNESCO-Tag 2021: Welterbeschützer sammeln Abfall aus den Parks

Anlässlich des diesjährigen UNESCO-Welterbetages sammeln Potsdamerinnen und Potsdamer 4., 5. und 6. Juni 2021 an vier Orten in Potsdam Abfall und Müll: Am Kapellenberg und dem Uferweg gegenüber der Freundschaftsinsel, im Park Babelsberg sowie im Neuen Garten.

Für jeden der vier Orte gibt es Paten, die sich einbringen. Um die Russische Kolonie Alexandrowka und den angrenzenden Kapellenberg haben sich zum Aktionsstart die Touristiker der PMSG, der Landeshauptstadt Potsdam und des Potsdamer Guide e. V. gekümmert. Dem arglos weggeworfenen Müll am Uferweg neben der Neuen Fahrt zwischen Hauptbahnhof und der Holzbrücke rücken die Aktiven der Bürgerstiftung zuleibe. Im Babelsberger Park wird – freiwillig wie an jedem Wochenende – die Potsdamer Bürgerin Jeanette Gruschke unterwegs sein und im Neuen Garten helfen die Freiwilligen der lokalen UNICEF-Gruppen.

Auch der Kulturstadt Verein unterstützt das Anliegen. Vorsitzende Fides Mahrla sagte: „Das Potsdamer Welterbe verdient Respekt, und wir tragen heute die Verantwortung dafür, dass auch kommende Generationen sich daran erfreuen können.“ Der Kulturstadt Verein unterstützt die Öffentlichkeitsarbeit der mehr als 40 Kulturerbenvereine, die sich um die Bewahrung eines Baudenkmals in Potsdam kümmern. „Die Kulturerbenvereine in unserer Stadt haben Verantwortung für ihr Bau- oder Gartenbaudenkmal übernommen und engagieren sich seit vielen Jahren für unser architektonisches und kulturelles Erbe. Deshalb begrüßen wir diese Aktion ausdrücklich und werben für die Beteiligung“, unterstreicht der Sprecher des Kulturerben-Organisationsteams Matthias Finken.

Weitere Informationen und zur Anmeldung

Titelfoto: Vereinsmitglieder Susanne Matern, Matthias Finken und Fides Mahrla (v.l.n.r.) beim Start der Aufräumaktion auf dem Kapellenberg (Foto: Sascha Krämer)

Digitaler Stammtisch – Mitglied Volker Sparre erzählt Potsdamer Familiengeschichte

Volker Sparres spannende Familiengeschichte begann in Potsdam mit den Großvätern Gustav Ratzke und Arthur Sparre. Gustav Ratzke war Hausmeister in der Kadettenanstalt. Die Gebäude sind jetzt Sitz der Staatskanzlei. Arthur Sparre diente als Leibwächter bei Kronprinzessin Cecilie – erst im Marmorpalais und danach im Schloss Cecilienhof. Mit Prinz Louis Ferdinand blieb sein Sohn bis zu seinem Tod freundschaftlich verbunden. Beim digitalen Vereinsstammtisch im März berichtete Volker Sparre darüber.

Sparres Vater Walther war Orchestermusiker am Königlichen Schauspielhaus, das im Volksmund „Kanaloper“ genannt wurde. Nach dem Krieg spielte er im Hans Otto Theater in der Zimmerstraße 10, welches vorher das Gesellschaftshaus „Alter Fritz“ war. Weitere Spielstätten waren das Schlosstheater, die Parkoper, die Freilichtbühne auf der Freundschaftsinsel und mehrere Räume in den Schlössern. Als Musiklehrer unterrichtete er Violine und Bratsche. Seine Frau Gertrud war eine begnadete Laiensängerin und Mitglied in verschiedenen Chören.

Volker Sparre wurde 1951 in Caputh geboren und wuchs im Nachkriegs-Potsdam in der Lennéstraße 21 nahe dem Parkeingang Kuhtor auf. Der Hof grenzte direkt an Gärten am Park Sanssouci. Er besuchte erst die Käthe-Kollwitz-Schule und anschließend wie sein Vater die Gerhard-Hauptmann-Oberschule. In Vorbereitung auf sein Studium der Theologie legte er das Abitur im Oberseminar auf Hermannswerder ab, wo er auch seine zukünftige Frau Irmtraut kennenlernte. Am „Sprachenkonvikt“, einer kirchlichen Hochschule in Berlin-Mitte studierte Sparre Theologie und heiratete, bevor er seine erste Pfarrstelle in Freyenstein/Prignitz antrat. 2001 wurde er Superintendent im Kirchenkreis Havelberg-Pritzwalk.

Mit Beginn des Ruhestandes 2016 zog das Ehepaar Sparre nach Potsdam zurück. Sie wohnen seitdem in der Nähe der Alexandrowka. Sie unterstützen bei Bedarf Tochter Sieglinde mit drei Kindern in Rostock und Sohn Friedhelm mit einem Kind in der Prignitz bei der Enkelbetreuung.

Die Sparres empfinden es als großes Glück, dass sie nach 40 Jahren Abwesenheit Potsdam neu kennenlernen und alte Freundschaften aufleben können. Erst heute wird ihnen bewusst, das Potsdam ein Gesamtkunstwerk ist und das Stadtbild aus den Erzählungen ihrer Eltern wieder hervortritt. Das Potsdam ihrer Kindheit war ein ganz anderes als das heutige, 30 Jahre nach der friedlichen Revolution. Besonders der Alte und Neue Markt haben ihren Liebreiz wiedergewonnen. Auch der Errichtung der Garnisonskirche ist ihnen ein Herzensanliegen.

Quartiersrundgang durch die Stubenrauchstraße

In unserer Reihe „Quartiersrundgang“ stellte Vorstandsmitglied Bolko Bouché am Sonnabend, dem 24. Oktober 2020, die Stubenrauchstraße vor. Sie ist Teil der Villenkolonie Neubabelsberg und steht bisher nicht im Fokus der zahlreichen stadtgeschichtlichen Führungen. Benannt wurde die Straße nach dem Landrat des Kreises Teltow und Förderer des Teltowkanals Ernst von Stubenrauch (1853-1909).

Wir starteten am Bahnhof Griebnitzsee in Richtung Berlin. Schon bald zweigt die Stubenrauchstraße links ab von der Rudolf-Breitscheid-Straße ab und folgt dem Griebnitzsee. Die Straße wurde erst in den 1930er Jahren bebaut. Über die Villen, deren prominente Bauherren, Architekten und Gärtner ist noch recht wenig bekannt. Trotzdem konnte der Journalist und Potsdam-Wiki-Autor Bolko Bouché interessante Details berichten.

So zum Beispiel über den Rechtsanwalt Alois Gerhard Westrick, der 1932 seine Villa in der Stubenrauchstraße 8 errichten ließ. Westrick war ein Experte für internationales Gesellschaftsrecht. Er vertrat die Niederlassungen amerikanischer Konzerne in Deutschland und hatte Verbindungen in höchste Kreise in Staat und Wirtschaft. Außenminister Joachim von Ribbentrop schickte ihn auf eine heikle Mission. Westrick sollte amerikanische Investoren für die deutsche Kriegswirtschaft werben.

Auch Günter Quandt wohnte am Griebnitzsee. Er bezog das 1937 gebaute Landhaus in der (Nr. 28) nach seiner Scheidung von Ehefrau Magda – der späteren Frau von Joseph Goebbels. Günter Quandt war Großindustrieller, der mit Stoffen im 1. Weltkrieg sowie mit Akkumulatoren für U-Boote und V-Waffen im 2. Weltkrieg ein Vermögen machte. Die Nachfahren gehören zu den reichsten Deutschen, unter anderem mit einem Aktienpaket von BMW.

Lebhaft ergänzten die Teilnehmer Georg Maus und Gerhard Petzholtz ihr Wissen über die Zeiten vor und während der Berliner Mauer, die die Stubenrauchstraße schnitt. Sie war Sperrgebiet und durfte nur von ausgewählten Personen betreten werden. Dort hatte zum Beispiel der Regisseur und DEFA-Mitbegründer Kurt Metzig sein Haus, es gab ein Gästehaus der DEFA und ein Kinderheim der Akademie für Staat und Recht.

Nach einem Abstecher zum Griebnitzsee führte uns der Weg auf dem Mauerstreifen entlang über die Berliner Kreisstraße zurück nach Potsdam. In der Rudolf-Breitscheid-Straße 234 machten wir noch einmal Stopp an der Villa Tannwald, wo der deutsch-schwedische Schriftstellers Peter Ulrich Weiss (Pseudonym Sinclair) 1916 geboren wurde. Sein dreibändiges Spätwerk „Die Ästhetik des Widerstands“ erschien sogar in der damaligen DDR und war als „Bückware“ nur wenigen Lesern zugänglich.

Das Interesse an der Führung war derart groß, dass nicht alle Anmeldungen berücksichtigt werden konnten. Die meisten folgten dem Tipp, am S-Bahnhof Griebnitzsee in das denkmalgeschütze Restaurant Zweihunderteins reinzuschauen. Ein Unikum unter den S-Bahnhöfen, die sonst nur Imbissbuden auf den Bahnsteigen bieten. Mit einer jungen deutschen Küche, regelmäßigen kleine Konzerten und saisonalen Angeboten sind die neuen Betreiber Pfingsten 2020 gestartet und würden sich über Besucher sehr freuen.

Rundgang durch Klein Glienicke – dem Ort „hinter der Mauer“

„Glienickes“ gibt es in Brandenburg reichlich, weitere 29 Orte gleichen Namens sind bekannt, meist wurden sie in Zusammenhang mit Ton, Lehm und Ziegeln verwendet, erklärte Gerhard Petzholtz gleich zu Beginn der Führung durch Klein Glienicke. Der Ort ist der einzige Teil von Potsdam, der auf dem nördlichen Ufer des Teltowkanals liegt. Er war jahrzehntelang von der Mauer umgeben und nur über die Kontrollstelle an der Parkbrücke mit Babelsberg verbunden. Während der deutschen Teilung war Klein Glienicke eine funktionale Exklave und wurde als „Wurmfortsatz mit der schmalsten Stelle der DDR“ bezeichnet.

Klein Glienicke wurde erstmals im Jahr 1375, im Landbuch des Kaiser Karl IV., erwähnt. Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) lebte kaum noch jemand in dem Ort. 1750 veranlaßte der preußische König Friedrich II. die Neubesiedelung von Klein Glienicke. Er ließ kleine Häuser für die Kolonisten, nun Bündner (landarme Bauern) errichten. Am letzten erhaltenen Haus befindet sich das Schild „Carlstr. 6″.
Die landschaftliche Schönheit mit Wald und Wasser (Havel und Griebnitzsee) sowie die verkehrsgünstige Lage (Königstraße im Norden, Stammbahn mit dem Bahnhof Griebnitzsee im Süden) veranlaßte viele Gutbetuchte, vor allem aus Berlin, sich ab 1871 am Griebnitzsee anzusiedeln. Klein Glienicke ist ein Stadtteil von Potsdam, der im frühen 20. Jahrhundert als Bade- und Ausflugsort bekannt wurde. Der gesamte Ort, darunter die bekannten Schweizerhäuser und der Volkspark Klein Glienicke (Berlin), stehen auf der Liste der geschützten UNESCO-Welterbestätten.

In den Jahren zwischen 1863 und 1887 wurden zehn Schweizer Häuser nach den Plänen des Architekten Ferdinand von Arnim errichtet. Im Jahr 1866 wurde der Bürgershof vom Königl. Hofbaumeister Ernst Petzholtz (Bruder des Pfarrers) gebaut. Um 1900 zählte das Gartenlokal mit seinen 1.000 Plätzen zu den größten in Potsdam. Die Kapelle Klein Glienicke – ein Kleinod im märkischen Klinkerbau – wurde am Reformationstag 1881 eingeweiht. Im Dezember 1900 wurde der Bau des Teltowkanals begonnen, wodurch Klein Glienicke von Neubabelsberg abgeschnitten wurde. 1901 wurde dann eine hölzerne Brücke über den Kanal gebaut, die später Parkbrücke genannt wurde.

Der Friedhof in Klein Glienicke wurde 1781 für die Kolonisten angelegt und ist der älteste in Potsdam. Prominenteste Grabstelle ist die von Wilhelm von Türk und seiner Familie. Sein Urururenkel, Gerhard Petzholtz, wies beim Rundgang aber auch auf andere bekannte Potsdamer hin, zum Beispiel auf den Orthopäden Menckenhoff oder die letzte und einzige „Frau Puppendoktor“ Ulla Linow-Wirth, die ihre Praxis unter anderem nahe der Gaststätte „Börse“ in der Brandenburger Straße hatte.

Im Café Wortmann fand der Rundgang sein gemütliches Ende.

Cello da Gamba im Palais Lichtenau

Zum ersten öffentlichen Konzert nach der Corona-Pause waren 35 Mitglieder des Kulturstadtvereins am Donnerstag, dem 20. August 2020, zu „Cello da Gamba“ ins Palais Lichtenau eingeladen. Den Testlauf unter Hygieneauflagen bestanden Veranstalter, Musiker und Publikum mit Bravour.

Die Künstler, Clemens Goldberg am 5-saitigen Barockcello und Martin Kinzia am Cembalo, spielten Werke von Marin Marais, Francois Couperin und Johann Sebastian Bach. Clemens Goldberg moderierte die Veranstaltung und nahm das Publikum unterhaltsam mit in die Welt der berühmten Komponisten, gab zwischen den Stücken deren Eigenheiten und musikalischen Raffinessen preis.

Professor Dr. Axel Fischer begrüßte die Künstler und Konzertbesucher im Palais Lichtenau.

Der in Freiburg i. Br. geborene Cellist ist bekannt durch seine Sendung „Goldberg-Variationen“ beim rbb-Kulturradio, die er bereits seit 28 Jahren moderiert. Martin Knizia studierte Kirchenmusik in Lübeck und Orgel an der Royal Academy of Music in London. Er tritt als Chembalist, Organist, Coninuospieler und Dirigent an vielen bekannten Spielorten und bei Festivals in Großbritannien und weiteren europäischen Ländern auf.

Im 75-Minuten-Konzert folgten wir gern den beiden Künstlern musikalisch in das 17./18. Jahrhundert – mitten in Potsdam, im Festsaal des Palais Lichtenau. Friedrich Wilhelm II. hat es für seine Geliebte Wilhelmine Enke, spätere Gräfin Lichtenau, 1796 in Auftrag gegeben und in Sichtverbindung zu seinem Domizil, dem Marmorpalais im Neuen Garten, bauen lassen. 2011 wurde das Gebäude nach vielen Jahren Leerstand und Verfall von Axel und Tanja Fischer gekauft, saniert und als Haut- und Lasercentrum Potsdam eröffnet.

2018 gastierte der Kulturstadtverein zum ersten Mal im Palais Lichtenau > Bericht

Foto: Ralf Cabos und Fides Mahrla

Werkschau des märkischen Landschaftsmalers Karl Hagemeister

An heißen Tagen wie diesen ist es im Potsdam Museum dank Klimatisierung schön kühl und sommerliche Landschaften gibt es obendrauf. Sogar die Ostsee mit stürmischen Wellen schickt eine kühle Brise zum Alten Markt.

„…das Licht, das ewig wechselt“ gibt die selbst formulierte künstlerische Auffassung von Karl Hagemeister um 1884 wieder. Es war die Intention des Malers, Naturphänomene wie Licht, Wind und Wolken darzustellen und dabei etwas nicht fassbares in Form und Farbe aufzuzeigen. Es sind die Gedanken eines noch Suchenden, der wie viele moderne Künstler seiner Zeit das unmittelbare Skizzieren in der Natur als bildwürdiges Sujet begriff. Der in Werder an der Havel geborene Künstler (1848-1933) gehört zu den bedeutenden Vertretern des deutschen Impressionismus und war ein Wegbereiter der moderen Landschaftsmalerei. Das Potsdam Museum besitzt in seiner Kunstsammlung einen umfangreichen Werkbestand und würdigt das bedeutende Vermächtnis Hagemeisters mit einer umfassenden Retrospektive.

Führung durch Markus Wicke

Markus Wicke, Vorsitzender des Fördervereins des Potsdam Museums, führte am 13. August 2020, eine erste Gruppe von Mitgliedern des Kulturstadtvereins durch die Ausstellung.  Mit einer Spendensammlung ermöglichte der Verein die Restaurierung dieses Hagemeister-Gemäldes.

Karl Hagemeister: Uferlandschaft [Schilfufer], 1900, Öl auf Leinwand, Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte. Repro: Michael Lüder
Karl Hagemeister: Uferlandschaft [Schilfufer], 1900, Öl auf Leinwand, Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte. Repro: Michael Lüder

Beim Ausstellungsrundgang sind 88 Arbeiten zu sehen, darunter 18 bedeutende Gemälde weiterer Künstler, angefangen von Friedrich Preller d. Ä., Carl Schuch, Francois Daubingy, Max Liebermann, Lovis Corinth, Max Slevogt, Lesser Ury, bis hin zu Walter Leistikow, welche die Entwicklung der modernen Landschaftsmalerei zur Jahrhundertwende veranschaulichen. Eine vergleichende Gegenüberstellung des Malers Hagemeister und seiner Zeitgenossen wird anhand von ausgewählten Öl- und Pastellarbeiten möglich.

Wir danken Markus Wicke für die engagierte Führung durch die einzigartige Ausstellung. Die Mitglieder sind erfreut über die Bildqualität nach der Restaurierung. Gratulation zum Besucherrekord, trotz Corona!

Bis 6. September 2020 dienstags bis sonntags von 12 bis 18 Uhr geöffnet.
Besuch ohne Voranmeldung möglich, allerdings unter Beachtung der üblichen Hygienevorschriften.

Raffy als „Ritterin der flammenden Mörserkeule“

Kaum sind die ersten Dialoge des Stückes „Die Tochter des Spekulanten“ gesprochen, da wird der Prolog von einem Ehepaar aus dem Publikum unterbrochen: Ein Geschäftsmann, seines Zeichens Gewürzgroßhändler, und seine Frau, sehr wohlhabend und Förderer und Förderin des Theaters, protestieren: Sie wollen ein anderes Stück sehen, am besten eines mit einem Gewürzhändler als Helden. Kurz entschlossen schicken die Geschäftsleute ihre Tochter Raffaela, genannt Raffy, auf die Bühne. Sie soll einen Ritter spielen und zum Ruhm der Branche große Taten vollbringen. Ihr Zeichen soll das Werkzeug der Gewürzhändler sein: die Mörserkeule.

Es kommt einiges durcheinander, wenn im Folgenden, parallel zum geprobten Stück der Bühnenprofis, Raffy mit Unterstützung ihrer Eltern als eine Art Don Quijote eine Ritterhandlung improvisiert. Wie Raffy sich mit heiligem Ernst als Heldin behauptet und wie die Schauspieltruppe dennoch versucht, ihr Stück zu spielen, das führt zu urkomischen Verwicklungen und Wandlungen, bis zum Schluss – das Theater siegt.

Francis Beaumont und John Fletcher waren neben Shakespeare überaus erfolgreiche Theaterdichter der elisabethanischen Zeit. Die meisten ihrer Stücke schrieben sie zusammen, so auch die aberwitzige Komödie „Der Ritter von der flammenden Mörserkeule“, der Originaltitel lautet „The Knight of the Burning Pestle“ (Der Ritter von der brennenden Keule). Heute wird das Stück von 1613 selten gespielt. Ein Jammer! Poetenpack-Regisseur Stefan Ebeling hat den Plot geschickt in die Gegenwart transformiert. Zwar sind es noch immer Kleinbürger, die die Narren abgeben, doch jetzt vertreten sie den Mainstream, sind satt und ignorant und alles dreht sich nur um sie.

Die permanenten Zwischenrufe des Paares aus dem Publikum und die Störmanöver ihrer Tochter amüsierten die einen und irritierten die anderen Zuschauer. Das Hin und Her war gelegentlich eine Herausforderung, wurde aber von den Schauspielern mit Bravour und großer Spielfreude gemeistert. Selbst wenige Gesten reichten beim Liebesakt unter Coronabedingungen, das Können unter Beweis zu stellen. Es war wieder ein Genuss – das Sommertheater in der Hecke. Mittlerweile ist es ein MUSS!

Vor der Aufführung gab Schauspieler Reiner Gabriel nicht nur eine kleine Einführung zum Stück, sondern auch Informationen über das Poetenpack. Die Theatercompagny feierte 2019 ihr 20-jähriges Bestehen, sie wird vom Kulturstadtverein seit vielen Jahren begleitet – anfangs noch auf wackligen Stühlen im Q-Hof in der Lennéstraße. Seit fünf Jahren präsentiert das Poetenpack den Theatersommer Sanssouci im Heckentheater am Neuen Palais. Die „Hecke“ wurde anlässlich des 300. Geburtstages Friedrich II. im Jahr 2012 wiederhergestellt.

Tipp: Mitte September 2020 wird nach siebenjähriger Sanierung das Schlosstheater im Neuen Palais mit dem Klassiker „Faust“ wiedereröffnet. Das Poetenpack spielt zusammen mit dem Theater aus Brandenburg an der Havel. Tickets können hier bestellt werden.

Radtour zur Mühle Langerwisch

Am Sonnabend, dem 18. Juli 2020, starteten fünf Radler zur 3. Fahrradtour in diesem Sommer am Bahnhof Rehbrücke. Schon die Anfahrt aus Golm oder der Potsdamer Innenstadt brachte einige Kilometer extra auf dem Zähler. Doch entlang der Heinrich-Mann-Allee kommt man bequem und sonnengeschützt, vorbei an der Siedlung Eigenheim und der Waldstadt, rasch zum Ausgangspunkt.
Unsere Tourenplanerin Jeannette Wachholz hatte den Panoramaweg Bergholz-Rehbrücke ausgewählt, der über den Langerwischer Weg durch idyllische Landschaften zur Mühle Langerwisch und anschließend über Michendorf nach Caputh führt. Dabei informierte sie an einzelnen Stationen über Geschichte und Besonderheiten der Region. Ärgerlich war das strikte Verbot der Eigentümer, das Gelände rund um die Langerwischer Paltrockwindmühle zu betreten und sie wenigstens von außen zu betrachten.
Am Ortseingang von Caputh zeigte uns Dirk Herbst einen Rundweg um den Caputher See. Die Badestelle war in der Mittagszeit noch idyllisch ruhig und bot den idealen Platz für Picknick und ein Fußbad. Anschließend radelten wir zur Caputher Fähre, um das beliebte Eis zu testen: es schmeckt immer noch lecker!
Die 26 km lange Radtour endete bei kühlem Bier und angeregtem Gespräch im Gartenlokal „Alter Tornow“ auf der Insel Hermanswerder.

Interessierte und Nutzer von komoot oder anderer GPS fähigen Geräte können die Tour-Datei (*.gpx) anfordern

Fahrradtour von Rehbrücke – Mühle Langerwisch – Caputh – Hermannswerder

Radtour zur Havelländischen Malerkolonie

Aktuell sind in Potsdam die Bilder der Landschafts- und Freilichtmaler von Claude Monet im Palais Barberini und Karl Hagemeister im Potsdam Museum im Fokus des Interesses. Doch die Potsdamer Kulturlandschaft hat noch viel mehr zu bieten. Sie erstreckt sich rund um den Schwielowsee und Werder als eine eiszeitlich geprägte, naturnahe Landschaft mit Bergen, Seen, Moore, Wiesen Bruch- und Kiefernwälder sowie Obstanlagen und Felder. Das zog Künstler an, die dort die „Havelländische Malerkolonie“ bildeten.

Am 27. Juni starteten zehn Vereinsmitglieder zur Kunst-Fahrradtour und freuten sich auf spannende Etappen. Die 1. Etappe ging durch die Templiner Vorstadt bis Caputh, zu Ralf Wilhelm Schmidts Galerie und Atelier. Der in Luckwalde geborene Künstler zeichnet einzig mit dem Bleisitft z.T. über zwei Meter große filigrane Tier und Naturbilder. Mit 40 Jahren sattelte er vom Forstwirt zum freien Künstler um und entfaltete sein Talent autodidaktisch. Mittlerweile verkauft er der leidenschaftliche Naturfreund sehr erfolgreich seine Bilder auch über den eigenen Onlineshop.

Das 2. Etappenziel war das Museum der Havelländischen Malerkolonie im Fercher Kossätenhaus. Kossät ist ein historischer Begriff, der eigentlich im norddeutschen Raum üblich war. Kössäten waren Kleinbauern – im Unterschied zu den Büdnern, den Landarbeitern. Und in Ferch gab es neben reichen Adligen, Taglöhner, Waldarbeiter, ganz wenige Fischer – und eben die Büdner und Kossäten.
Die Führung begann allerdings in der Fercher Fischerkirche, einer denkmalgeschützten, evangelischen Predigerkirche aus dem 17. Jahrhundert. Die Holzdecke des dreiachsigen Fachwerksaals ist als Tonne gewölbt und hat die Form eines auf dem Kopf liegenden Kahns (Kirchenschiff). Die Bemalung der Decke stellt das himmliches Reich dar und der schwebende Taufengel könnte als Galionsfigur des Schiffes gedacht sein.
Im Museum ist momentan die Ausstellung „Lichtstimmungen“ – Ansichten aus der Sammlung des Museums der Havelländischen Malerkolonie – zu sehen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Ferch als Ziel für Ausflügler und als Kur- und Badeort entdeckt. Die idyllische Lage am Schwielowsee zog viele Menschen an. Neben dem Maler Karl Hagemeister, der in Ferch bereits 1878 mit Carl Schuch malte, lebten Hans-Otto Gehrcke, die Künstlerfamilie Wacker, Otto von Kameke, Hans von Stegmann und Stein für längere Zeit an diesem Ort.

Das 3. Etappenziel war das Hotel und Restaurant Haus am See, speziell der Biergarten, wo wir zur Mittagsrast angemeldet waren. Nach der Stärkung führte die Abschlussetappe über Petzow und Geltow zurück bis ans Etappenziel, die Moschee in Potsdam.

Tipp: 25. Juli, um 11 Uhr Ausstellungseröffnung „Hiddensoer Künstlerinnenbund“ (1919-1933) im Museum der Havelländischen Malerkolonie, Beelitzer Str. 1, 14548 Schwielowsee OT Ferch