Fest der Kulturerben auf dem Alten Markt

Das Fest stand unter dem Motto: „KulturSpur 2022 – entdeckt die Kulturerben.“

Trotz großer Hitze gruppierten sich am 19. Juni rund um den Obelisken 33 Vereine und Institutionen an 22 Marktständen und suchten das Gespräch mit Besuchern und interessierten Mitstreitern. Die Mitglieder setzen sich ehrenamtlich für den Erhalt und die Pflege sowie für die Besucherbetreuung ihrer Denkmal-Objekte ein. Neben den Baudenkmalen sind das auch Garten- und technische Denkmale.

Die Potsdamer Kulturerben sind eine Arbeitsgemeinschaft der Vereine. Der Verein Kulturstadt Potsdam e.V. koordiniert die gemeinsamen Veranstaltungen, wie auch den Tag des Offenen Denkmals, in Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Potsdam.

Wissenschafts- und Kulturministerin Manja Schüle eröffnet das Fest der Kulturerben in Potsdam mit einem Grußwort. Der Beigeordnete für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Umwelt der Stadt Potsdam, Bernd Rubelt, dankte den Ehrenamtlichen für ihr Engagement und versprach weitere Unterstützung sowie strukturelle Verknüpfung mit der unteren Denkmalschutzbehörde.

Die Besucher erlebten beim Fest der Kulturerben historische Handwerkstechniken wie Schnitzen und Vergolden und konnten diese auch selbst ausprobieren. Ein buntes Bühnenprogramm mit einem spielerischen Wechsel aus Gespräch, Musik und Aktionen rundete den informativen und unterhaltsamen Tag ab. Besonders das Showprogramm der Potsdamer MusicalMinds und der Auftritt der Combo des Landespolizeiorchesters begeisterten das Publikum. Beim Wissensquiz musste der Schatz des Obelisken gefunden werden, indem 21 Fragen zum Lösungswort „Treffpunkt Junger Markt“ führten. Die glücklichen Gewinner konnten sich über zahlreiche Preise freuen.

Weitere Fotos vom heißen Fest 2022 haben Frank Rawlinson und Hans-Jürgen Krackher auf Facebook bereitgestellt.

Tag der Offenen Tür in der Villa Carlshagen

Die HMU Health and Medical University GmbH in der Villa Carlshagen hatte am 11. Juni 2022 zum offenen Campustag eingeladen – wir durften dabeisein. Prof. Wim Walter organisierte für die Gruppe von unserem Kulturstadtverein eine exclusive Führung. Mit dem jungen Dozenten Tobias Sprenger bekamen wir einen Gästeführer, der aus erster Hand über das Studentenleben an der privaten Uni berichten konnte. Kurz zusammengefasst: Wenig lockeres Studentenleben. Die Studierenden müssen hart arbeiten, um in der vorgesehenen Zeit und innerhalb ihres Budgets den Abschluss zu schaffen. Dafür wird ihnen ein direkter Zugang zum Lehrkörper geboten, sie haben modernste Medien zur Verfügung, eine aktuell ausgestattete Bibliothek und Ruhezonen für die Vorbereitung auf Seminar oder zum Herunterkommen nach einem anstrengenden Tag. Natürlich war unsere Gruppe fasziniert vom hochwertigen Ausbau der historischen Villa und der Möblierung im Stil von Moderne und Pop Art.

Nachdem sich der Gastgeber aufs aktuelle Geschehen in der umgebauten 1000-Quadratmeter-Villa konzentriert hatte, stellte Bolko Bouché vom Kulturstadtverein herausragende Persönlichkeiten aus acht Generationen der Familie Hagen vor, nämlich:

  • Abraham Levy (geb. 1797), Begründer des Bankhauses A. Levy & Co. in Köln
  • Hermann Löb Levy, der sein Bankhaus mit der rheinischen Schwerindustrie verheiratete
  • Carl Hagen, der ab 1900 die Villa Carlshagen in Potsdam hochherrschaftlich umbauen ließ
  • Louis Hagen, Neffe von Carl Hagen, Bankier und Besitzer der modernen Villa Hagen in der Bertinistraße
  • Karl-Victor Hagen, der in die USA emigrierte, als GI zurückkam und als Pilot bei der Luftbrücke 1948 ums Leben kam
  • Hans Oliva Hagen, der den Faschismus überlebte und später die Schauspielerin Eva Maria Hagen heiratete
  • Nina Hagen, die unangepasste Rocksängerin sowie
  • Cosma Shiva Hagen, deutsch-amerikanische Schauspielerin

Die Erbengemeinschaft der Hagens bekam nach 1990 die Villa zurück, die in der DDR als radiologische Klinik genutzt worden war. Über verschiedene Stationen wurde sie dann von der Geschäftsführerin durch die HMU Health and Medical University GmbH, Ilona Renken-Olthoff, gekauft. Seit 2019 hat die private Universität die Zulassung für die Medizinerausbildung.

Text: Bolko Bouché | Fotos: Karin Genrich, Katherin Bauersfeld, Hannelie Khodaverdi-Weinand, Fides Mahrla

Beim Dezember-Vereinstreff war Christoph Olschewski, der Leiter der Arche Potsdam, bei uns im Chat und berichtete über die Arbeit mit den Kindern in Drewitz. Dort werden im Durchschnitt nicht nur 50 bis 80 Mittagessen täglich an bedürftige Kinder ausgeteilt, sondern auch Lern- und Freizeitangebote ermöglicht. Die Kinder erfahren Zuspruch und Ermunterung. Neben den Festangestellten gibt es mehr als 20 Ehrenamtliche, die sich um die Sorgen und Nöte der Kinder kümmern. Sie stärken und fördern das Selbstwertgefühl, die Selbstverantwortung, sowie die Talente und Potentiale jedes Einzelnen. Spontan gab es aus den Reihen unserer Teilnehmer Vernetzungs- und Unterstützungsangebote, wie zum Beispiel von Rita Reifenberg-Pusch zu Kultür Potsdam, Georg Maus zum Kinder- und Jugendtelefon, Peter Hahnel mit Erfahrung und Zeit für Kochkurse und von Monika und Prof. Dr. Bernd Rosenkranz zum Kinderprojekt Manenberg in Kapstadt. Vielen Dank für diese spontanen, guten GABEN.

Christoph Olschewski wies bei der Gelegenheit auf vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten für die Arche Potsdam hin. Eine kleine Zusammenfasschung schicke er uns per E-Mail, die wir nachfolgend zitieren:

Sachspenden:
Ø Hier sind wir z.B. mit einer Amazon-Wunschliste als Arche Potsdam aufgeführt.
Ø Weiter unten, indem man auf die Bilder klickt wie ‚Spielzeug‘ , ‚Lebensmittel‘,…sind wir ebenfalls in fast allen Rubriken als Standort Potsdam hinterlegt.
Ø Gebrauchte, gewaschene Kinderkleidung ist bei uns herzlich willkommen. Gerade Winterjacken und Schneeanzüge/-hosen werden aktuell benötigt.
Ø Auch weitere Sachspenden. Hierzu rufen Sie uns am besten an unter der 0331 – 64 74 65 20

Lebensmittel:
Ø Damit die Kühlschränke auch zur Advents- und Weihnachtszeit gefüllt sind, nehmen wir ab sofort Lebensmittel, gerne auch Haltbare, von Mo.-Fr.,10-17 Uhr entgegen wie H-Milch, Reis, Nudeln, Saucen, Säfte, Stollen, Kekse, Aufstriche, Müsli, Tee, Käse und Geflügelwurst (Mindeshaltbark.dat. beachten) ….alles, was eine mehrköpfige Familie so benötigt. Bitte ohne Schwein/ tierische Gelantine bei Süßigkeiten, damit wir unkompliziert allen Familien einfach helfen können. Quarantänen, die ganztägige Versorgung der Kinder einhergehend mit steigenden Lebensmittelpreisen mitsamt den Auswirkungen der Pandemie auf Beruf und Gehalt belasten unsere Familien sehr.

Geldspenden:
Hier ist es wichtig, unser Potsdamer Konto zu verwenden, damit die Spende auch für unseren Standort verbucht und somit unserer Tätigkeit zu Gute kommt! Sofortspenden-Formular auf unserer Homepage (mitsamt Ausfüllfeldern wie Adresse für Spendenbescheinigung,…):
Oder manuell:
Empfänger: Die Arche
IBAN: DE51 1002 0500 0003 0301 01
BIC: BFSWDE33BER
Kreditinstitut: Bank für Sozialwirtschaft
Stichwort: Zweck + Name und Adresse für Ihre Spendenbescheinigung

Kinder spendeten für Kinder noch vor dem Fest Spiele, Winterkleidung und Lebensmittel.

Die Kinder der Arche in Potsdam-Drewitz freuen sich über die gute Gaben.

Sanssouci-Konzert Fantazye mit Weltpremiere

Zum 20-jährigen Jubiläum der Kammerakademie Potsdam schenkte das Orchester dem Publikum am 24. Oktober 2021 ein mitreißendes Hörerlebnis. Beim Auftakt der Reihe „Sanssouci-Konzert“ in der Friedenskirche gestaltete Noah Bendix-Balgley, selbst Klezmer-Geiger und erster Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, ein Programm zwischen Klassik und Klezmer mit Werken von Gideon Klein und Leó Weiner, gemeinsam mit den Potsdamer Musikern.

Der Höhepunkt des Konzertabends war die Uraufführung seines eigenen Violinkonzerts „Fidl-Fantazye: A Klezmer Concerto“, das sich genau an der Schnittstelle von jüdischer Musik und klassischer Formensprache bewegt. Eingängige Melodien, tänzerische Rhythmen und mitreißende Energie sind die typischen Markenzeichen der Klezmer-Musik, wie sie seit Jahrhunderten bei Hochzeiten und Volksfesten gespielt wird. Seit jeher waren Geigen, Kontrabass, Cello und Flöten beteiligt, später häufig Klarinetten und auch ganze Orchester.

Im Anschluss an das Konzert erlebten wir eine kurzweilige Klezmer-Session mit Noah Bendix-Balgley (Violine) und seinem Freund und früheren Lehrer Alan Bern (Akkordeon), gewürzt mit kleinen Anekdoten. So erzählte zum Beispiel Alan Bern, dass er 1991 nicht geahnt hat, dass der damals siebenjährige Noah solch ein Weltklasse-Talent werden würde.

Begeistert äußerte sich am Abend in der Verein-WhatsApp-Gruppe unser Mitglied Irmgard Hratzki. „Es war ein Erlebnis. Klenzmer ist Lebensfreude pur“, schrieb sie.

Tipp für alle, die nicht dabei sein konnten: Der rbb hat das Konzert aufgezeichnet und sendet es am 2.12.2021 um 20:04 Uhr in der Sendung „rbbKultur Radiokonzert“.

Führung über den Südwestkirchhof Stahnsdorf

Nach fünf Jahren Pause war wieder einmal der Südwestkirchhof in Stahnsdorf Ziel des Kulturstadtvereins. 2021 sind viele Neumitglieder dabei, die Gerhard Petzholtz, der selbst 28 Jahre auf dem Friedhof arbeitete und wohnte, mit viel Hintergrundwissen und spannenden Geschichten informierte. Ein Teil der Gruppe traf sich am Campus Griebnitzsee und radelte gemeinsam auf der verlängerten Stahnsdorfer Straße, dann Alten Potsdamer Landstraße zum Kirchhof, der andere Teil nutzte die direkte Buslinie vom Potsdamer Hauptbahnhof oder eine Mitfahrgelegenheit im PKW.

Der Südwestkirchhof Stahnsdorf gehört neben Venedigs Toteninsel San Michele, dem Wiener Zentralfriedhof und Père Lachaise in Paris zweifellos zu den „Top Ten“ der europäischen Begräbnisstätten. Er ist ein Ort der Superlative: der größte Waldfriedhof Deutschlands, er beherbergt bedeutende Denkmäler der Bestattungskunst, die letzten Ruhestätten herausragender Persönlichkeiten und eine einzigartige Begräbniskapelle im Stile norwegischer Holzkirchen mit Jugendstilelementen.

Grabstätten wie die des Auto- und Flugzeugingenieurs Edmund Rumpler, des Sohnes von Theodor Fontane, von Entertainer Dieter-Thomas Heck, von Stummfilmregisseur Friedrich Wilhelm Murnau oder ein expressionistisches Grabmal von Max Taut für Julius Wissinger stehen für die große Vielfalt.

Zufällig begrüßte Gerhard Petzholtz während der Führung den seit dem Jahr 2000 als „Rübchenkönig I“ geadelten Günter Duwe, der sich um das Teltower Rübchen verdient gemacht hat. Der heute 94-Jährige besuchte mit seinem Sohn den Friedhof und genoß das Treffen mit alten Bekannten.

Glücklicherweise konnten wir die imposante Holzkirche – trotz der Schließung wegen Tonaufnahmen – auch noch von innen besichtigen, indem die Musiker einfach eine Pause einlegten und den Erläuterungen des Ur-Urenkels Wilhelm von Türck lauschten. 

Nach der gemeinsamen Mittagsrast im Lokal Tick-Tack machten die Radler auf der Rückfahrt noch einen Zwischenstopp am Jagdschloß Stern.

Würdiges Gedenken

Im Rahmen von Auslandseinsätzen der Bundeswehr – u.a. auf dem Balkan und in Afghanistan – sind mehr als einhundert Soldaten und Soldatinnen gefallen bzw. ums Leben gekommen. Im Gedenken daran sind verschiedene Ehrenhaine durch Eigeninitiative betroffener Kameraden und Kameradinnen vor Ort entstanden, erklärte Stabsfeldwebel Michael Eichstaedt während einer Führung für den Kulturstadtverein im „Wald der Erinnerungen“.  Diese Ehrenhaine sind mit einfachsten Materialien aus der näheren Umgebung – ob Findling oder Mauerziegel – gestaltet und machen den Tod eines Kameraden, der plötzlich aus dem Leben gerissen wurde, begreifbar und fassbar.

Im neu geschaffenen „Wald der Erinnerungen“ finden die bereits nach Deutschland zurückgeführten Ehrenhaine einen würdigen und endgültigen Ort. Die angebrachten Namenstafeln schaffen eine Atmosphäre zum „Innehalten“ und für Trauer und Erinnerung. Stabsfeldwebel Eichstaedt, der selbst fünf Auslandseinsätze (1053 Tage) erlebte, schilderte einfühlsam das Schicksal einzelner Kameraden, die auf unterschiedlichste Weise zu Tode kamen.

Der „Weg der Erinnerung“ beginnt vor dem Informationsgebäude und führt zunächst an acht Namensstelen vorbei durch das leicht hügelige Gelände bis zum „Ort der Stille“. Auf den Stelen sind die Namen der Toten der Auslandseinsätze chronologisch aufgeführt. Die bronzenen Letter der Namensbänder sind erhaben, so dass sie berührt und angefasst werden können.

Ein ganz besonderer Ort für individuelles und privates Erinnern ist der Friedwald für die Hinterbliebenen. Die toten Kameraden sind durchweg junge Menschen, die Hinterbliebenen sind Familien, Kinder, Frauen, Männer, die hier in würdevoller Umgebung um ihre Lieben trauern können.

Auf die Frage an die Teilnehmer, „Wer ermöglicht unseren Dienst?“ bekam Eichstaedt zögerlich Antwort. Alle möglichen Erklärungen, wie z.B. die Bundesregierung, unsere Steuern etc. kamen aus der Runde. An die Familien hatte niemand sofort gedacht. Betroffen und nachdenklich endete die Führung.

Der „Wald der Erinnerung“ ist eingebettet in den gewachsenen Baumbestand der Henning-von-Tresckow-Kaserne in Potsdam-Schwielowsee, dem Sitz des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, er befindet sich auf einem rund 4.500 Quadratmeter großen Areal.

Am 24. September 2021 wird der Gedenkstein aus Mazar-e Sharif auf seinen endgültigen Platz verkrant. In Afghanistan ließen 59 deutsche Soldaten ihr Leben, davon fielen 35 durch Fremdeinwirkung.

Besucherinformation:  Tägliche Besichtigung zwischen 10 und 16 Uhr > weitere Informationen

Volkspark Potsdam für das Bornstedter Feld

Der Volkspark prägt den neuen Stadtteil Bornstedter Feld mit bald 14.500 Einwohnern. Das haben wir bei einer sehr interessanten Führung von Sigrun Rabbe erfahren. Sie selbst hat die Entwicklung des Parks und des Bornstedter Feldes als neues Wohnquartier Potsdam in verantwortlicher Position bei der Pro Potsdam als Landschaftsplanerin seit 1996 eng begleitet.

Wandel durch die BUGA 2001

Der Volkspark wurde anlässlich der Bundesgartenschau, die 2001 in Potsdam stattfand, errichtet. In Ergänzung und zur Entlastung der historischen Parkanlagen war es Ziel, durch Konversion der hoch belasteten ehemaligen russischen Militärflächen, eine neue, zeitgemäße Parkanlage zu schaffen, die für alle aktiven Freizeitnutzungen offensteht und den Mangel an tatsächlich nutzbarem Grün in Potsdam beseitigt.

Ökologie hat oberste Priorität

Als grünes Herz des neuen Stadtteils Bornstedter Feld ist der Park eng mit den neuen Wohnquartieren verzahnt. Und sorgt dafür, dass in der ökologischen Bilanz die grüne Null für den Entwicklungsbereich steht. Er bietet darüber hinaus inzwischen jährlich ca. 400 000 Besuchern Erholung, Freizeit, Sport und Entspannung. Eine durchdachte Aufteilung mit Wald-, Sport-, Freizeit und Biotopflächen eröffnet eine Menge Möglichkeiten, die Natur unmittelbar im Wohngebiet zu genießen.

Lernangebote im Schulgarten „Wilde Möhre“

Von den begehbaren Wällen, die durch ein Brückensystem verbunden sind, kann man die Parkanlagen aus verschiedenen Perspektiven erleben. Hier ist überall die Nutzung der Flächen erlaubt. Abgerundet wird das Angebot durch den Schulgarten, das grüne Klassenzimmer und Lernangebote, die sich harmonisch in den Park einfügen.

Wir hatten einen interessanten und abwechslungsreichen Nachmittag und hoffen, dass Potsdam sich immer daran erinnert, dass der Volkspark – so wie er ist – eine wichtige ökologische, soziale und Naturschutzfunktion hat und alle Begehrlichkeit an den Flächen abgewehrt werden.

„Ab in die Sommerfrische“ – Bezahlt wird hinterher

Seit 2006 beginnt das Sommertheater mit einem Vorgespräch zwischen Mitgliedern und Theaterleuten des Poetenpacks: zunächst im Q-Hof, dann im Heckentheater gleich neben dem Neuen Palais im Park Sanssouci.

Welches Stück kommt ins Programm?

Schauspieler Reiner Gabriel stand wie schon im Vorjahr Rede und Antwort über Aktuelles von der Theatergruppe Poetenpack und deren Sommerprogramm. Dabei sei die Auswahl eines unterhaltsamen Open-Air-Stückes alles andere als einfach, berichtete er, denn schnell lande man bei den Klassikern Shakespeares, Molieres oder Goldonis. Eine Antwort auf die Frage „Was hätten Sie gern?“, blieben wir ihm vorerst schuldig.

Auf dem Spielplan des Theatersommers Sanssouci 2021 steht das Stück „Ab in die Sommerfrische“, eine Komödie von Carlo Goldoni. Das Potsdamer Ensemble holt diese boshafte Satire aus dem 18. Jahrhundert über die Dekadenz der feinen Gesellschaft, die sich alljährlich aus Land in den Urlaub verzieht, in die Gegenwart.

Aus Drei mach Eins

Regisseur Kai O. Schubert komprimierte die drei Stücke Goldonis („Die Trilogie der Sommerfrische“, 1761). Und das funktioniert gut: Gezeigt wird besagte Sommerfrische in drei Akten: Süße Vorfreude, bittersüßer Aufenthalt und bittere Nachwehen. Auch 250 Jahre nach der Uraufführung hat die Trilogie das Zeug dazu, uns den Spiegel vorzuhalten. Denn: „Eine Gesellschaft, die auf Pump lebt, alle sind bankrott, alles kracht zusammen – das kommt mir alles sehr aktuell vor.“ (Claus Peymann). Immer nach dem Motto: „Bezahlt wird, wenn ich zurück bin“.

Koste es, was es wolle

Im Stück treiben zwei alteingesessene Familien sich und ihren Anhang in hysterische Hektik und in den Bankrott – nur um standesgemäß ihren Urlaub antreten zu können. Am Luxusdomizil angekommen, erwartet die Gesellschaft in sonniger Hitze die Tristesse jährlich wiederkehrender Rituale. Nur kein Stillstand. Spiel, Sex, Geld, Intrigen und hochdosiertes Wohlstandskalkül halten den dekadenten Mikrokosmos am Laufen – bis das letzte Herz vergeben, der letzte Ehevertrag unterzeichnet und der letzte Schuldschein unterschrieben ist. Dann heißt es: Ab nach Hause und auslöffeln, was man sich in der Sommerfrische eingebrockt hat!

Zum Schluß singen sie alle „What a wonderful world“ – dass dies zu bezweifeln ist, zeigt die Inszenierung deutlich. Auf sommerleichte Art mit einem begeisterten, dankbaren Publikum und zufriedenen (satten) Stechmücken.

Stammtisch zur Garnisonkirche

Unser 2. Stammtisch zur Garnisonkirche fand dieses Mal am 7. Juli 2021 als hybride Veranstaltung statt. 20 Vereinsmitglieder trafen sich in der Nagelkreuzkapelle, weitere verfolgten die Vorträge zuhause am Monitor.

Zu Gast waren die Wissenschaftler vom ZMSBw (Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr): Oberleutnant Helene Heldt und Oberstleutnant Dr. John Zimmermann.

Helene Heldt sprach über die „Die Bedeutung der Garnisonkirche für die Stadt und für das Militär sowie der Tag von Potsdam 1933″. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsbereich Deutsche Militärgeschichte bis 1945und setzt sich in einer Dissertation mit dem Thema auseinander. Außerdem begleitet sie die Konzeptentwicklung für die Garnisonkirche als Europakirche mit fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Dr. John Zimmermann ist seit 2019 Leiter des Forschungsbereichs Deutsche Militärgeschichte bis 1945 im ZMSBw. Außerdem ist er Lehrbeauftragter an der Universität Potsdam.

Die Garnisonkirche als Militärkirche

Friedrich Wilhelm I. beauftragte den Bau einer Kirche für das Militär, da er überzeugt war, dass der Glaube die Soldaten „einhegen“ würde. Die erste Garnisonkirche war eine Fachwerkkirche – nach neun Jahren instabil und musste abgerissen werden. Die Garnisonkirche hatte eine Militär- und eine Zivilgemeinde sowie einen Pfarrer für das Militär und einen für die Bürger. Den militärischen Geist erkannte man an den 200 Trophäen (Fahnen) von besiegten Regimentern aus den verschiedenen preußischen Schlachten. Nach dem 1. Weltkrieg wurden sie durch die Fahnen der in Potsdam stationierten und nun demobilisierten Truppen ersetzt. Das demoralisierte die Vertreter des kaiserlichen Militärs doppelt.

Der Tag von Potsdam

Die Garnisonkirche in Potsdam wurde von der Stadt nach dem 21. März 1933 als „Geburtsstätte des Dritten Reiches“ vermarktet. Es gab sie auf einer Fünf-Mark-Münze und in der Tourismus-Werbung. Für die Nazis spielte die Garnisonkirche keine Rolle. Sie hatten auch kein Interesse an dem „Handschlagfoto“ von Reichskanzler Adolf Hitler und des Generalfeldmarschalls und Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Goebbels nannte den Tag „Rührkommödie“ – aber er inszenierte ihn im Rundfunk als Massenereigenis. Die Stadt Potsdam hatte nach 1933 die Symbolik für ihr Marketing umgedeutet. John Zimmermann verwies auf die Darstellungen der Historiker Thomas Wernicke und Martin Sabrow, die im Tag von Potsdam eine Machtdemonstation des alten Kaiserreiches sehen.

Gründe für die Sprengung

Nach 1945 waren der Tag von Potsdam und die Garnisonkirche nicht mehr im Blickfeld der Bevölkerung. Die Militärgemeinde war aufgelöst. Die Evangelische Kirche und erst recht die Stadt waren mit dem Erhalt der Ruine und einem möglichen Wiederaufbau überfordert. 1968 erfolgte die Sprengung auf einen Mehrheitsbeschluss der Stadtverordneten. In der Zeit danach bis heute wurde wiederholt berichtet, dass die Sprengung auf Weisung der SED bzw. von Walter Ulbricht persönlich erfolgte. Dieses sei durch Quellen nicht zu belegen, sagte John Zimmermann. Zeitzeugenberichte wären von der Geschichtswissenschaft als subjektiv zu bewerten. Es bestehe besonders bei handelnden Personen die Tendenz zur Interpretation.

Aktuelle Interpretationen

Nach heutiger Mehrheitsmeinung wurde die Garnisonkirche gesprengt, weil die DDR-Oberen in ihr einen Hort des Preußentums und des Faschismus sahen. Die Werbung als „Geburtsstadt des Dritten Reiches“ und das Handschlagfoto von Theo Eisenhart in der New York Times werden als Beweis für diese Darstellung herangezogen – richtig ist die Aussage deswegen nicht. Für Potsdam war die Garnisonkirche ein Hemmnis für den Wiederaufbau von Wohnraum und für die Schaffung einer großzügige Straßenführung und musste deshalb weg.

Bürgerschaftliches Engagement für das Kulturerbe in Groß Glienicke

In Groß Glienicke sind zwei Potsdamer Kulturerbenvereine aktiv, die „ihr“ Baudenkmal den Mitgliedern des Kulturstadtvereins präsentiert haben.  Erste Station war das Alexanderhaus im Gutspark von Groß Glienicke. Berlind Wagner und Hannelie Khodaverdi-Weinand vom Alexander-Haus e.V. empfingen die Teilnehmer auf der überdachten Terrasse und erzählten komprimiert die Geschichte der fünf Familien, die das Sommerhaus am See bewohnten. Empfehlenswert ist das Buch von Thomas Harding „Sommerhaus am See“ – Fünf Familien und 100 Jahre deutsche Geschichte.

Alexander-Haus e.V.

1927 pachtet Dr. Alfred Alexander, Präsident der Berliner Ärztekammer, vom Rittergutsbesitzer Otto von Wollank das Grundstück und baut das erste Wochenendhaus in Groß Glienicke. Bis 1936 flieht die Familie vor den Nazis nach England. Fortan bewohnt bis 1944 der Komponist und Verleger Will Meisel mit seiner Frau, der berühmten Schauspielerin Eliza Illiard, das Haus. Danach wohnt dort sein Künstlerischer Leiter Hanns Hartmann mit seiner jüdischen Frau Ottilie bis kurz vor Kriegsende 1945. Später wurde Hartmann 1. Intendant des WDR. 1952 zog aus der Nachbarschaft Ella Fuhrmann mit zwei Kindern als Hausmeisterin in zwei kleine Zimmer. 1958 wurde die Hälfte des Hauses dem Ehepaar Kühne mit zwei Kindern zugewiesen. Wolfgang Kühne bewohnte das Haus 40 Jahre bis zu seinem Tod 1999. Er erlebte die Teilung des Grundstücks durch die Berliner Mauer und konnte erst nach deren Fall 1989 mit seinem Stiefenkelsohn Roland wieder im Glienicker See schwimmen. Roland wohnte mit einem Freund als Letzter bis 2003 in dem Haus. 2013 wurde das durch Leerstand und Vandalismus mitgenommene Gebäude durch privates Engagement der Familie Alexander aus London und von Groß Glienicker Bürgern gerettet. Darüber berichtet auch der Film „Das Haus am Glienicker See“

Im Alexanderhaus werden mittwochs und sonntags Führungen angeboten. Digitale Anmeldung möglich unter https://alexanderhaus.org/visit

Förderverein Dorfkirche Groß Glienicke e.V. 

Burkhard Radtke, seit seiner Geburt in Groß Glienicke wohnhaft, begrüßte die Besucher am Priesterportal der Dorfkirche Groß Glienicke. Der Vorgängerbau der aus behauenen Feldsteinen errichteten Dorfkirche ist als einfache, ungewölbte gotische Saalkirche ohne Turm mit zwei nördlichen Eingängen, einer Priester- und einer Leutepforte, zu Beginn der Dorfgründung um 1250 auf dem höchsten Punkt des Dorfes errichtet worden.

So, wie sie heute zu sehen ist, gibt die Dorfkirche in etwa den Zustand wieder, in den sie im 17. Jahrhundert versetzt wurde, erklärte der ehemalige Vorsitzende des Gemeindekirchenrates. Verantwortlich dafür war vor allem Hans Georg III. von Ribbeck. Der Patronatsherr von Groß Glienicke und Dechant des Brandenburger Domstifts entstammte dem osthavelländischen Zweig der Familie – dem westhavelländischen Zweig hat bekanntlich Theodor Fontane mit seinem berühmten Gedicht ein Denkmal gesetzt. Hans Georg III. ließ die Dorfkirche ab 1679 umbauen.

Als erstes verkürzte Hans Georg III. den Kirchensaal etwas, indem er eine starke Fachwerkwand in etwa 3,50 m Abstand von der Westwand in den Raum stellen ließ. Durch diesen neu geschaffenen Vorraum betritt man seither die Kirche, zudem bekam die Kirche ihr heutiges Dach nebst Türmchen. Anschließend ersetzte man die Holzbalkendecke durch das heutige stuckierte Spiegelgewölbe auf hoher Voute. Die Spiegel sind mit dem Gottessymbol und Engelsdarstellungen ausgemalt. Die Kirchenfenster wurden vergrößert, die Familiengruft angelegt und der Fußboden angehoben.

Seit 2003, nachdem Groß Glienicke nach Potsdam eingemeindet worden war, setzte die Betreuung aller Maßnahmen durch die Untere Denkmalschutzbehörde der Landeshauptstadt ein. Die umfangreichen Restaurierungsarbeiten sind bis auf die Patronatsloge erfolgreich abgeschlossen worden. 

Eine wichtige Weichenstellung hat es aktuell an der Dorfstraße vor der Kirche und dem Friedhof gegeben: Dort hat die Stadt bei einem Grundstücksverkauf ihr Vorkaufsrecht wahrgenommen. Die Bauten werden abgerissen und es soll dort ein freier Platz entstehen, der den Dorfkern von Groß Glienicke aufwerten wird.

Die Dorfkirche Groß Glienicke ist jeden Sonnabend von 16-18 Uhr geöffnet.  Weiterführende Informationen über die Innenausstattung und Restaurierung der Dorfkirche Groß Glienicke von Andreas Kalesse, der 27 Jahre Stadtkonservator der Landeshauptstadt Potsdam war. > Kirchenrestaurierung_Beitrag_A._Kalesse

 

Impressionen vom 1. Ausflug am 30. Juni 2021 nach Groß Glienicke

Impressionen von der Radtour am 3. Juli 2021 nach Groß Glienicke