Radtour zum Landhausgarten Dr. Fraenkel in Kladow

Sommerzeit ist Ausflugszeit, so startete am Sonntag, dem 23. Juni, die Radfahrergruppe in der Alexandrowka um über Krampnitz das Ziel anzusteuern. Die Entscheidung gegen den Berliner Mauerweg und für die sandige Stecke durch den Königswald haben wir schnell bereut. Über einen Abhang gelangten wir zurück auf den Uferweg und über Sacrow wohlbehalten nach Berlin-Kladow. Dort warteten weitere Teilnehmer, die zu Fuß oder per PKW angereist sind, um an der Führung durch den Landhausgarten teilzunehmen.

Gartenarchitekt Erwin Barth

Die Geschichte des Gartens begann dem Unternehmer Otto Lüdicke, der auf dem Gelände seiner Ziegelei ein Sommerhaus errichten ließ. Den umliegenden Garten gestaltet die Gartenbaufirma Späth. Im Jahr 1920 erwarb der jüdische Bankdirektor Dr. Max Fraenkel das 3,5 Hektar große parkähnliche Gelände und beauftragte den aus Lübeck stammenden Gartenarchitekten und Stadtgartendirektor Erwin Barth (1880 – 1933) mit der Gartengestaltung. Barth hatte bereits mehrere blühende Stadtplätze in Berlin, wie zum Beispiel der Savignyplatz, der Brixplatz, der Klausener Platz, der Lietzenseepark und den Volkspark Jungfernheide gestaltet und wird „Lenné des 20. Jahrhunderts“ genannt.

Erwin Barth legte für Dr. Fraenkel einen Garten mit unterschiedlichen Landschaftsbereichen an. Er ließ einen Schmuckgarten mit Mauern und Treppen aus Naturstein, einen Rosen-, Obst- und Gemüsegarten sowie Staudenbeete anlegen. Auffällig ist, dass die Hauptachse auf das Landhaus und nicht auf den Wannsee ausgerichtet ist. Die Anlage ist terrassenförmig untergliedert. Ein Kleinod ist das Teehaus mit einer naturhaften Teichanlage, in der sich der Pavillon wunderschön spiegelt.

Mit der Emigration des Bankiers Dr. Fraenkel und dem Freitod von Erwin Barth im Jahr 1933 wurde die Gartenentwicklung abgebrochen und das Grundstück von den Nationalsozialisten enteignet. Nach dem Zweiten Weltkrieg verwilderte das Anwesen und wurde während der Berliner Mauer als Zollstation und für einen Campingplatz genutzt.

Einstufung als Gartendenkmal

Nach der Wiedervereinigung begann die Rückgewinnung der Gartenanlage nach den Plänen von Erwin Barth. Ihm zu Ehren wurde die städtische Grünanlage als Gartendenkmal eingestuft.

Nach einer Stärkung auf der Sonnenterrasse des Sommercafés im Fraenkelgarten ging es zurück nach Potsdam, für die meisten mit der BVG-Fähre über Wannsee.

Tipp: Das Gartenjuwel hat freitags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Stolze Ergebnisse nach 20-jährigem Bestehen der FWG

Beim Vereinsstammtisch am 3. Juni 2024 war Frank Paul, Vorstandsmitglied der Fördergesellschaft zum Wiederaufbau das Garnisonkirche (FWG), zu Gast im Restaurant Knossos. Er stellte den Mitgliedern die FWG vor, die im Februar 2004 auf Initiative des Industrieclubs Potsdam e.V. mit Unterstützung der Evangelischen Landeskirche und der Landeshauptstadt Potsdam gegründet wurde. Leitfaden für die Arbeit der FWG ist der „Ruf aus Potsdam“, der zum Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche aufruft. Dieser wurde am 15. Januar 2004 von mehr als 100 Persönlichkeiten aus Brandenburg und Berlin unterzeichnet. Schirmherren der Wiederaufbau-Initiative sind der Alt-Bischof Wolfgang Huber, Ministerpräsident a.D. Matthias Platzeck und Innenminister a.D. Jörg Schönbohm.

Provisorium in der Kapelle am Turm der Garnisonkirche

Der Kapelle am Turm der Garnisonkirche in Potsdam wurde 2004 das Nagelkreuz von Coventry verliehen. Das Nagelkreuz von Coventry steht als Zeichen der Versöhnung in vielen Zentren der Welt, wo sich Menschen der Aufgabe stellen, an der Überwindung von Gegensätzen mitzuwirken. Die Geschichte des Nagelkreuzes ist von beispielhafter Bedeutung. Am 14. November 1940 zerstörten deutsche Bombengeschwader die Stadt Coventry in England und mit ihr die mittelalterliche Kathedrale St. Michael. Bei den Aufräumarbeiten fanden sich in den Trümmern große eiserne Nägel, die seit dem 14. Jahrhundert die schweren Balken des Gewölbes im Kirchenschiff gehalten hatten. Aus drei solchen Nägeln wurde ein Kreuz gebildet. Daraus entstand das Symbol des Nagelkreuzes von Coventry, das noch heute auf dem Ruinenaltar steht. Später ließ der damalige Dompropst Richard Howard an die Chorwand dahinter schreiben: „Father forgive” (Vater vergib). „So wurde aus den Überresten der Zerstörung ein Symbol geschaffen, das den Geist der Vergebung und des Neuanfangs ausdrücken will: Versöhnung statt Hass“, betonte Paul. Aus Anlass des zehnjährigen Jahrestages der Verleihung des Nagelkreuzes erfolgte die Namensgebung der Kapelle am Turm der Garnisonkirche in Nagelkreuzkapelle.

Einweihung der Nagelkreuzkapelle im Turm der Garnisonkirche

Am Ostermontag 2024 wurde die Nagelkreuzkapelle im Turm der Garnisonkirche mit einem feierlichen Gottesdienst in Dienst genommen. Rund 100 Mitglieder, Freunde und Unterstützer des Netzwerks Nagelkreuzgemeinde und des Wiederaufbaus der Garnisonkirche konnten direkt teilnehmen, weitere sich digital zuschalten. Landesbischof Dr. Christian Stäblein hielt die Predigt, Kreiskantor Björn O. Wiede spielte die neue Schuke-Orgel und die Bachkantate „Erfreut euch, ihr Herzen“ erklang.

Der Potsdamer Frank Paul berichtete, dass im Sommer 2024 der Turm der Garnisonkirche mit einer Aussichtsplattform gemeinsam mir einer Ausstellung durch den Bundespräsidenten Frank-Walther Steinmeier eröffnet werden soll. Die Nagelkreuzkapelle im Erdgeschoss kann schon jetzt im Rahmen von Gottesdiensten besucht werden. Das gesamte Gebäude wird durch Fahrstühle, breite Türen und barrierefreie Sanitärräume für alle Menschen zugänglich sein. Ein besonderes Highlight ist der komplett stufenlos zugängliche Turmaufstieg. Auf einer Höhe von 57 Metern können die Besucherinnen und Besucher zukünftig die beeindruckende Silhouette Potsdams bestaunen. Die Dauerausstellung „Glaube, Macht und Militär“ lädt zur kritischen Auseinandersetzung mit der 300-jährigen Geschichte der Garnisonkirche im Kontext deutscher und europäischer Geschichte ein. Das Ausstellungskonzept stellten uns Wissenschaftler vom ZMSBw (Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) bereits 2021 in einer Hybridveranstaltung vor.

Spenden statt Geschenke

Rund um das Thema „Spenden“ entspann sich eine rege Diskussion. Viele unserer Mitglieder erinnern sich an Spendenaktionen wie die Namenssterne für die Angerkirche, die Pfosten mit Spenderplakette für den Stadtkanal, oder den Namensaufdruck auf den Fensterscheiben im Winzerberg. Im Garnisonkirchturm wurden bereits rund 5.000 Spendenziegel mit Ziegelpatenschaften vermauert. Darunter sind Spender aus unserem Verein, Persönlichkeiten aus Potsdam, Deutschland und weltweit.  Auch für andere Teile des Turms werden Spenden gesammelt, wie zum Beispiel für die Glocken und Klöppel des Friedenscarillons.

Kirchenschiff vs. Rechenzentrum

Vorstandsmitglied und Stadtführer Frank Paul beantwortet auch Fragen nach dem aktuellen Stand zum Rechenzentrum und der geplanten Machbarkeitsstudie, soweit dazu aktuell überhaupt eine Aussage getroffen werden kann. Bei Bedarf könnte zu einem späteren Zeitpunkt ein Vortragsabend zu dieser Thematik gestaltet werden.
Lesetipp von der Vereinsvorsitzenden Fides Mahrla zum Abschluss des Abends: „Breite Straße: Eine Familiengeschichte aus Potsdam“ von Barbara Kuster.

Weitere Informationen erhalten Sie auf der Webseite der FWG.

Bildergalerie

Impressionen von der Baustellenbesichtigung im Juli 2023 durch ein Fotografen-Team des Kulturstadtvereins für PotsdamWiki.

Auf der Baustelle des zukünftigen Kreativ Quartiers Potsdam

Mit großer Spannung erwarteten die Teilnehmer an der Baustellenführung den Projektentwickler des Kreativ Quartiers Potsdam, Christopher Weiß, am 13. Mai 2024 vor dem Unicorn Workspace auf dem Kutschstall-Hof.

Der Platz vor dem HPBG war wie so oft leer und verwaist. Genau hier setzte der Geschäftsführer der Glockenweiß GmbH an. Er will mit der Entwicklung des Kreativ Quartiers für Fußgänger und Radfahrer eine neue Achse zwischen Hauptbahnhof, Neuen Markt, Kutschstall bis hin zur Plantage und Richtung Innenstadt schaffen. Er wünscht sich ein lebendiges Quartier.

Aus einem im Jahr 2019 vom Sanierunsträger Potsdam ausgelobten konzeptbasierten Bieterverfahren ging sein Konzept in Zusammenarbeit mit Partnerfirmen als Sieger hervor. Es sieht für das gesamte Areal eine dreiseitige Blockrandbebauung sowie im Inneren frei stehende Gebäude vor. Im Zusammenspiel von Gebäuden und Freiflächen entsteht ein kleines „Village“, was den unterschiedlichen Nutzungen gerecht wird. Das Büro &MICA wurde Gewinner des anschließenden Realisierungswettbewerbs.

Bezahlbare, moderne Räume für Kreative

Bis 2026 entsteht ein lebendiger Ort für die Kultur- und Kreativwirtschaft. In sieben Gebäuden und auf insgesamt 25.000 qm entstehen Büros, Ateliers, Studios, Läden, Proberäume, Cafés und Apartments. Von den 25.000 qm Mietfläche sind 16.000 qm für die Kultur- und Kreativwirtschaft vorgesehen, davon etwa die Hälfte, also 8000 qm, mietpreisgebunden. Die nutzungs- und mietpreisgebundenen Flächen starten mit einer Anfangsmiete von 9 EUR/Quadratmeter netto kalt. Das ist für den Investor bindend und im Grundbuch eingetragen. Ein Angebot für die Kreativen, aus dem Rechenzentrum umzuziehen.

Ehemaliger Lange Stall

Hinter der Prachtfassade des Südportals des ehemaligen Langen Stalls wurde mittlerweile die tiefe Baugrube geschlossen. An dieser Stelle wird der Zugang von der Breiten Straße zum zukünftigen Kreativ Quartier Potsdam erfolgen. Geplant ist eine große, offene Eingangshalle für Ausstellungen und Veranstaltungen. Ursprünglich bestand die Idee, für das Potsdam Museum eine Außenstelle zur Präsentation der städtischen Kunstwerke einzurichten. Dafür gab es leider kein Interesse der Landeshauptstadt.

In wenigen Wochen wird der Garnisonkirchturm mit seiner Ausstellung und der Aussichtsplattform eröffnet und zahlreiche Besucher anziehen. Vom Turm bietet sich ein hervorragender Überblick über das künftige Kreativ Quartier.

Das große, aufsteigende Dach mit der sogenannten »Supergaube« in Richtung Plantage ist bereits erkennbar. Die Dachform ist eine moderne Interpretation des historischen Langen Stalls, der vorwiegend für die mietpreisgebundenen Flächen vorgesehen ist.

Der Lange Stall wurde im Jahr 1734 anstelle eines Vorgängerbaus nach den Plänen von Pierre de Gayette als Exerzier- und Reithalle in Fachwerkbauweise errichtet. Er erstreckte sich von der Breiten Straße, entlang der Plantage bis zur Straße Am Kanal (der heutigen Yorckstraße). Der Stall war 167 Meter lang, 23 Meter breit und hatte eine freitragende Deckenkonstruktion. In der Nacht von Potsdam 1945 ist das Gebäude abgebrannt. Nur das südliche Portal blieb erhalten und gehört der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten.

Wird das Rechenzentrum Potsdam abgerissen?

Das weiß momentan niemand, es gibt viele unterschiedliche Aussagen. Es wurde nicht, wie ursprünglich im Investorenvertrag mit der Stadt festgehalten, zum 01.01.2024 zurückgebaut. Von der Politik wurde eine Verlängerung des Erhalts des Rechenzentrums bis Januar 2026 beschlossen. Was danach passieren soll, wird die Stadtpolitik in einer für 2024/2025 geplanten Machbarkeitsstudie ergründen.

Interessenten können gern den Newsletter vom Kreativ Quartier abonnieren und sich über den weiteren Verlauf informieren lassen: Anmeldung auf der Webseite

KAPmeets Tabea Zimmermann

„Voilà Viola“ stand über dem Konzert der Kammerakademie unter Leitung der Solistin Tabea Zimmermann am 27. April 2024, das Mitglieder des Kulturstadtvereins besuchten. Die Künstlerin bezeichnet sich selbst als „Musikerin mit dem Instrument Bratsche“ und wird weltweit für ihr tiefes musikalisches Verständnis und die Natürlichkeit ihres Spiels gefeiert. Viele Konzertbesucher nutzten die kleine Konzerteinführung mit der Geschäftsführerin Adrianna Kussmaul und der KAP-Cellistin Alma-Sophie Starke. Eine kluge Entscheidung, denn es kam ein besonderes Programm zur Aufführung. Im Mittelpunkt des Konzertabends stand der Berliner Komponist Paul Hindemith (1895 – 1963), der selbst Bratschist war und unzählige wegweisende Werke für das Instrument schrieb und es stets als Soloinstrument exponierte.

Die Bratsche (der Name kommt aus dem Italienischen, viola da bracio = Armgeige) fristete lange Zeit ein Mauerblümchendasein neben dem Klang der Violinen. So schrieb Hector Berlioz 1844 in seiner Instrumentationslehre, dass „der Ton ihrer tiefen Saiten einen eigentümlichen, herben Klang hat, während ihre Töne in der Höhe einen traurig-leidenschaftlichen Charakter annehmen“. Gleich zu Beginn spielte Tabea Zimmermann die Solosonate op. 25 Nr. 1 von Hindemith und lieferte einen anspruchsvollen Beweis für die beschriebene Charakteristik.

Bei der Kantate „Gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt“ von Johann Sebastian Bach (1685-1750) kamen zur Bratsche, Fagott, Streicher und Cembalo hinzu, während bei der anschließenden „Trauermusik“ von Hindemith das Streichorchester mit Solo Viola zum Klang kam. Zu deren Entstehungsgeschichte erzählte die Künstlerin beim Nachgespräch im Foyer, dass sich Hindemith 1936 gerade auf Konzertreise in London befand, um den „Schwanendreher“ persönlich uraufzuführen, als König Georg V. zwei Tage vor dem Konzert starb. So komponierte Hindemith, der stets schnell arbeitete, innerhalb von wenigen Stunden die Trauermusik für Viola und Streichorchester. „Er habe sehr schnell getrauert“, soll sein Kommentar gewesen sein.

Die Meditation über Bachs Choral „Vor deinen Thron tret ich hiermit“ von Sofia Gubaidulina (*1931), die das Werk als Synthese östlicher und westlicher Tradition versteht, gehört zum Genre der experimentellen Musik. Die Musiker spielten es mit Esprit und Hingabe, die Zuhörer ergründeten 13 Minuten deren Faszination.

Nach der Pause wurde die Serenade Nr. 2 A-Dur op.16 von Johannes Brahms (1833-1897) mit Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagott, Hörnern und Streichern aufgeführt. Die fünf Sätze der Serenade erinnern mit ihrem überwiegend freundlich-gelassenem und lyrisch-poetischem Tonfall an vergangene Zeiten.

Beim Gespräch nach dem Konzert im Foyer des Nikolaisaals beantwortete Tabea Zimmermann die kurzweiligen Fragen von rbb-Moderatorin Anja Herzog mit Herzblut und Sympathie. So zum Beispiel, ob es nicht schwer wäre, auf der Bratsche musizieren zu lernen. „Gar nicht“, kam prompt die Antwort von der Südbadenerin. Es hänge einzig und allein von der Qualität des Musiklehrers ab. Es müsse zum Erlernen eines Instrumentes die beste Lehrkraft gefunden werden.

Ganz nebenbei erfuhren die Zuhörer, dass die Künstlerin Präsidentin der Schweizer Hindemith-Stiftung ist und ein besonderes Interesse daran hat, dass Hindemith-Kompositionen zur Aufführung gelangen, um über die fälligen GEMA-Gebühren die wissenschaftliche Aufarbeitung des Gesamtwerkes finanzieren zu können. Gut, dass wir unseren kleinen Beitrag dazu geleistet haben.

Foto: Marco Borggreve

Potsdam und Versailles – zwei schöne Schwestern

Beim Vereinstreff am 3. April 2024 stellte Jutta Michelsen, Vorsitzende des Freundeskreises Potsdam-Versailles e.V., die Entwicklung und die Vereinsaktivitäten der Städtepartnerschaft vor. Seit mehr als zehn Jahren bietet der Verein attraktive Angebote für Mitglieder und Interessierte an.

Die Städtepartnerschaft zwischen Potsdam und Versailles hat eine lange Vorgeschichte. So gründete sich noch vor der deutschen Wiedervereinigung in Potsdam im Juni 1990 die Deutsch-Französische Gesellschaft, die mit Veranstaltungen und Reisen fundierte Kenntnisse über Frankreich vermittelte. Es gab sogar erste Kontakte nach Versailles,  man regte eine Städtepartnerschaft an, aber die Zeit war dafür noch nicht reif – Versailles hatte bis dahin Anfragen aus aller Welt stets abgelehnt und Potsdam war bereits seit 1974 mit Bobigny verbunden. Bobigny liegt drei Kilometer nordöstlich von Paris, zehn Kilometer vom Zentrum der französischen Hauptstadt entfernt. Der Austausch zu DDR-Zeiten beschränkte sich auf einseitige Besuche der Franzosen in Potsdam. Die Partnerschaft zu Bobigny wird derzeit leider nicht aktiv gelebt.

2013, zum 50. Jahrestag der Unterzeichnung des Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrags durch de Gaulle und Adenauer, gaben die Versailler ihre Zurückhaltung auf. Im September 2013 unterschrieben die Bürgermeister von Potsdam und Versailles eine Absichtserklärung und im Juni 2016 wurde der Partnerschaftsvertrag schließlich offiziell unterzeichnet. Auf bürgerschaftlicher Seite war damals Oliver Germer die treibende Kraft – er war Elternvertreter an der Goethe-Grundschule, die bereits enge Kontakte zu einer Grundschule in Versailles unterhielt.  Beide Städte passen offensichtlich ideal zusammen: sie befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu Hauptstadt-Metropolen und stehen sich bei Anzahl und Pracht der Gesamtkunstwerke, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören, in nichts nach.

Seitdem entwickelte sich ein reger Austausch zwischen den Bürgern der Partnerstädte, die sich wechselseitig besuchen und dabei die Sprache, die Kultur und die Geschichte des jeweils anderen kennenlernen und eine wunderbare Gastfreundschaft erfahren. Der Freundeskreis Potsdam-Versailles e.V. vermittelt Kontakte zwischen Organisationen, Institutionen und Bürgern beider Städte. Er vermittelt Schulpartnerschaften für Potsdamer Schulen, organisierte zwei Bürgerreisen 2014 und 2015 und unterstützt die Stadtverwaltung bei der Vorbereitung von Treffen der beiden Bürgermeister. Viele herzliche Freundschaften sind in den wenigen Jahren entstanden!

Finanziell hilfreich ist dabei der Deutsch-Französische Bürgerfonds, der Gruppen fördert, die sich mit Projekten aktiv für eine starke europäische Zivilgesellschaft einsetzen.

Die Vereinsmitglieder treffen sich regelmäßig zum Austausch und zur Planung neuer Aktivitäten. Interessierte sind dabei jederzeit herzlich willkommen – eine kurze E-Mail genügt, betonte Jutta Michelsen zum Schluss ihres Vortrags. Die nächsten Termine sind auf der Webseite des Vereins zu finden.

Übersicht der Partnerstädte der Landeshauptstadt Potsdam – PDF

Havelländische Malerkolonie zeigt „Max Koch – Das Spätwerk“

Im Jahr 2008 wurde im letzten erhaltenen Kossätenhaus in Ferch ein Museum eröffnet, das inzwischen Mitglied in euroArt, einer Vereinigung europäischer Künstlerkolonien, geworden ist.  Im Mittelpunkt der Arbeit stehen regelmäßige wechselnde Ausstellungen, Fachvorträge und Führungen durch das Museum, die Pflege und Erweiterung der eigenen Sammlung sowie die Forschung zu Werken und Künstlern der Havelländischen Malerkolonie. Die Sammlung des Museums umfasst Werke der Künstler Karl Hagemeister, Arthur Borghard, Carl Kayser-Eichberg, Johannes Hänsch sowie Hans-Otto Gehrcke.

Das Museum wird durch die Mitglieder des Fördervereins Havelländische Malerkolonie e.V. ehrenamtlich betreut, die Gemeinde übernimmt lediglich die Betriebskosten, erklärte die Vereinsvorsitzende Carola Pauly den Teilnehmern der Führung am 19. Oktober 2023 durch die Ausstellung „Max Koch – Das Spätwerk“, die in Kooperation mit dem Potsdam Museum und seinem Förderkreis, sowie durch eine private Initiative des Max-Koch-Experten Heinz-Werner Lawo und weiterer privater Sammler entstand.

Markus Wicke, Vorsitzender des Fördervereins für das Potsdam Museum und selbst Max-Koch-Sammler, führte durch die Sonderschau eines in Vergessenheit geratenen Künstlers.

Max Koch (1859-1930) war in Berlin ein sehr erfolgreicher Künstler, der vor allem für seine monumentalen Dekorationsmalereien in öffentlichen Gebäuden bekannt war. Als Professor unterrichtete er dieses Fach am Kunstgewerbemuseum bis in hohe Alter, daneben war er aber auch ein Multitalent. Er entwarf große Panoramen und Theatervorhänge, lieferte Vorlagen für Mosaiken und Gobelins sowie Illustrationen für Bücher. Seine Panoramen und Dekorationsmalereien sind fast vollständig vernichtet. Vieles ist also nur als Rekonstruktion wieder ins allgemeine Gedächtnis zurückzuholen.

Seine Liebe zum Wasser ließ Koch zum Wahlpotsdamer werden. Er bezog in der Berliner Vorstadt eine Villa am Tiefen See und ließ sich dort ein Motorboot zum Atelierboot, seinem „Malkasten“, umbauen. Max Koch malte so – als erster vom Wasser aus – Potsdamer Motive vom Stadtkanal, der Alten Fahrt sowie der umgebenden Havelländischen Seenlandschaften.

Aufgrund der großen Nachfrage wurde die Ausstellung bis zum 24. März 2024 verlängert. Weitere Informationen hier

 

Potsdamer Linien – Alltagsfotografien von Werner Taag

Das Potsdam Museum zeigt zur Zeit die Sonderausstellung „Potsdamer Linien. DDR-Alltagsfotografie von Werner Taag“. Kurator Robert Leichsenring, Stadtführer und freier Mitarbeiter am Potsdam Museum, führte die Mitglieder am 26. September 2023 durch die Ausstellung und erläuterte die (Stadt)Geschichten hinter den Bildern.

Spannend war bereits der Start im Foyer des Museums, wo das Vorderteil eines O-Busses von Skoda aus Tschechien zu sehen ist. Der Förderverein Historische Straßenbahn Potsdam e.V. erwarb das Ausstellungsstück von einem privaten Besitzer, der es jahrzehntelang als Bar in seiner Gartenlaube genutzt hat. Der Potsdamer Linienbus war davor in Dresden im Einsatz, worauf die braunen Mittelstreifen hindeuten. Ausgestattet mit einer Museums-Eintrittskarte und einem frisch gelochten Fahrschein durften wir in den Ausstellungsraum „einsteigen“.

Die Sonderschau zeigt Aufnahmen des Potsdamer Amateurfotografen Werner Taag (1915 – 1998) aus den Jahren zwischen 1949 und 1989, ergänzt durch ausgewählte Ausstellungsobjekte. Als langjähriger Mitarbeiter der Potsdamer Verkehrsbetriebe war der leidenschaftliche Bildchronist immer mitten im städtischen Geschehen unterwegs und selbst aktiv am Aufbau der Stadt beteiligt. Taag dokumentierte den Wandel der Stadt und ihrer Bewohner über rund fünf Jahrzehnte hinweg. Dabei sind u.a. im Jahr 1958 auffällig viele Abrisse in Potsdam zu beobachten.

Robert Leichsenring ist als Vorsitzender des Fördervereins „Historische Straßenbahn Potsdam e.V.“ ein kompetenter und zugleich begeisterter Kenner des Potsdamer öffentlichen Nahverkehrs. Details auf den Fotos erschließen sich oft nur durch seine Erläuterungen. So bedeutet das „Z“ an der Frontseite der Straßenbahn, dieser Waggon kann nur mit Zeitkarte benutzt werden. „OS“ bedeutet, Zug ohne Schaffner und „E“ Entwerter, der Fahrschein muss vorher gekauft werden. Bis dahin konnte der Fahrschein beim Schaffner erworben werden.

Für Potsdam ist es ein Glücksfall, dass der Nachlass von Werner Taag erhalten blieb. Dank des Engagements des Fördervereins des Potsdam Museums und der Unterstützung zahlreicher Spender konnte die mehrere zehntausend Motive umfassende Sammlung 2018 erworben und in den darauffolgenden Jahren erschlossen werden.

Die Sonderausstellung ist noch bis 28. Januar 2024 geöffnet.

Text und Foto: Fides Mahrla

Dänische Komödie „Jeppe vom Berge“ im Heckentheater

Jedes Jahr im Sommer erwacht das Heckentheater im Park Sanssouci zu neuem Leben und beschert dem Publikum zauberhafte Theatermomente. Am 28. Juli 2023 schien das Regenwetter das Erlebnis zu trüben. Doch pünktlich zum Vorgespräch klarte sich der Himmel auf und die Schauspieler Willi Händler und Sibylla Rassmusen begrüßten unsere Gruppe, während auf der Bühne die letzten Regenpfützen weggefegt wurden.

Ludvig Holberg – der „dänische Molier“

Die Komödie „Jeppe vom Berge oder eine Nacht im Paradies“ des dänisch-norwegischen Dichters Ludvig Holberg wurde 1722 in Kopenhagen uraufgeführt und gehört bis heute zu den Lieblingsstücken des dänischen Publikums, während es in Deutschland weitestgehend unbekannt blieb. Holbergs Komödien handeln von Menschen, die die Vernunft ablehnen und sich von einer skurrilen Passion oder Schwäche leiten lassen. Die Komik wird durch Intrigen oder eine Narretei erzeugt, die gegen die Hauptperson ins Werk gesetzt wird, um sie von ihren Schwächen zu kurieren. Holbergs Komödien haben ihre Wurzeln in der Commedia dell’arte, die er bei seinem Italienaufenthalt kennengelernt hatte. Im Aufbau folgte er Molière, erläuterte Willi Händler im Vorgespräch.

Dänischer Humor sehr speziell

Im 18. Jahrhundert waren 80 Prozent der Dänen Sklaven, die von den Herrschenden ausgebeutet wurden, erklärte Sibylla Rasmussen, eine dänisch-deutsche Schauspielerin, die im Stück als Nille – die Frau von Jeppe – auftritt, den Zuhörern. Die Bauern waren damals „dumm und faul“  und stark dem Alkohol verfallen, so ihr Kommentar. Überrascht war die Dänin, als sie das Stück im Deutschen las. „Im Dänischen erzeugt die Sprache eine humoristische Vielfalt, die im Deutschen verblast und hart klingt“, sagte die Schauspielerin.

Amüsanter Schwank mit aktuellen Bezügen

Die Vermutung, Holberg habe mit dem kraftvollen Stück zeigen wollen, was passiert, wenn ein Unterdrückter in eine Machtposition kommt, stimmt nur halb. Ohne für eine der Figuren des Stücks Partei zu ergreifen, entwickelt der Dramatiker ein höchst unterhaltsames soziales Experiment. Mit der Aussage, dass es nichts bringt, „das Unterste zuoberst zu kehren“ und einem Bauern das Zepter zu überlassen. Ein intelligentes Vergnügen für die Zuschauer, die so immer wieder neu mit Sympathie und Ablehnung auf die Akteure schauen können.

Weitere Termine im Sommertheater des Poetenpacks sind hier zu finden.

Zeitreise ins Mittelalter

Unser Mitglied Dyprand von Queis organisierte die Radtour am 15. Juli 2023 zum Museumsdorf Düppel in Berlin-Zehlendorf. Treffpunkt war die „Nike“ an der Glienicker Brücke. Dort erhielten die Teilnehmer das Briefing über den Weg, der uns über Klein Glienicke, Griebnitzsee, Königsweg entlang des Berliner Mauerwegs bis zum Freilichtmuseum führte. Trotz der hohen Temperaturen hatten sich die Meisten entschieden mitzukommen und es nicht bereut. So wurden zahlreiche Zwischenstopps zum Trinken eingelegt. Glücklicherweise führte der Radweg überwiegend durch schattige Waldgebiete.

Von der Tonscherbe zum mittelalterlichen Dorf

Am Freilichtmuseum begrüßten wir weitere Teilnehmer, die per PKW/ÖPNV zur Führung dazukamen.
Dabei erfuhren wir, dass ein Jugendlicher 1939 im heutigen Landschaftsschutzgebiet am Krummen Fenn im Ortsteil Düppel mittelalterliche Tonscheren fand. Erst weit nach dem 2. Weltkrieg wurden ab 1967 die Überreste einer Dorfanlage aus dem 12. Jahrhundert freigelegt.  Diese Zeitepoche war in der Region um Berlin von der Besiedlung slawischer Gebiete durch Einwanderung aus dem Westen und der Gründung der Mark Brandenburg geprägt. Die Archäologen schätzen, dass 80 bis 120 Menschen in dieser Siedlung gelebt haben. Mitglieder des Fördervereins Museumsdorf Düppel errichteten ab 1975 das Freilichtmuseum, seit 1995 gehört der Erlebnisort zum Stadtmuseum Berlin.

Geschichte live erleben

Durch das ehrenamtliche Engagement der Vereinsmitglieder lässt sich das Mittelalter hautnah nacherleben, erklärte uns die Führerin. So stellen sie in historischer Kleidung den ländlichen Alltag des Mittelalters mit Handwerk und Gebräuchen als lebendige Geschichte dar. Neben alten Nutzpflanzenarten kann man auch typische Nutztiere sehen, darunter Ochsen, nach historischem Vorbild gezüchtete Düppeler Weideschwein und die Skudde, eine vom Aussterben bedrohte Schafsrasse.

Das Museumsdorf ist von Frühjahr bis Herbst an jedem Wochenende geöffnet, sowie täglich in den Ferien. Die Besucher erwartet ein abwechslungsreiches Veranstaltungsprogramm für Menschen jeden Alters, doch besonders für Kinder.

Mittagsrast und Rückfahrt über die Schleuse Kleinmachnow

Nach der Führung stärkten wir uns bei Flammkuchen, Kartoffelpuffer oder Würstchen und einem kühlen Getränk in der lokalen Gastronomie. Auf der Rückfahrt machten wir einen Zwischenstopp an der Schleuse Kleinmachnow, die auf Initiative des Landrates Ernst von Stubbenrauch (1853-1909) zur Verbesserung der Abwasservorflut in der Region Teltow und für die Schifffahrt als Südumfahrung Berlins errichtet und 1906 von Kaiser Wilhelm II. eingeweiht wurde.
Das letzte Drittel des Weges führte uns vorbei am Südwestkirchhof direkt zum Eisessen in Griebnitzsee. Hier trennten sich die Wege.

Ein großes Dankeschön gilt Dyprand von Queis, der uns nicht nur sicher geführt, sondern auch unterwegs auf die eine oder andere Besonderheit hingewiesen hat. Alle Teilnehmer sind wohlbehalten in Potsdam angekommen. Die Tour-Aufzeichnung mit der App Komoot (einem Potsdamer Start-Up) wies eine Strecke von 32,6 km und eine Fahrzeit von 2:37 h aus.

Potsdamer Traumschlösser – die nie realisiert wurden

Der gebeugte Atlas auf dem Alten Rathaus gehört seit 1776 zu Potsdams Stadtbild. Doch die vergoldete Figur auf der Turmkuppel hätte fast ein Pendant bekommen. Entwürfe von 1913 sahen einen zweiten Turm mit einem zweiten Atlas auf dem Rathaus vor. Über dieses und weitere Luftschlösser berichtete der Stadtführer und Potsdam-Kenner Robert Leichsenring am Montag, dem 5. Juni 2023, in der Angerkirche beim Vereinstreff.

Eine andere Geschichte handelt von dem riesigen Schloss Belriguardo für Friedrich Wilhelm IV. auf Hermannswerder. Ab 1819 skizzierte er etwa 60 Entwürfe für sein Traumschloss, das in direkter Linie vom Schloss Sanssouci über die Havelbucht auf dem Tornow gebaut werden sollte. Die Blätter werden in der Plankammer von Sanssouci aufbewahrt. Auch von Schinkel (1823) und Persius (1828) gibt es Zeichnungen für ein Schloss nach antikem Vorbild. Am Ende fehlte das Geld für die Umsetzung.

Pläne über Pläne wurden für Potsdam über die Jahrhunderte gemacht. Viele blieben jedoch „Potsdamer Traumschlösser“, so auch die Höhenstraße vom Belvedere auf dem Klausberg bis zum Mühlenberg, wo ein gigantisches Denkmal für Friedrich dem Großen, 100 Jahre nach seinem Tod, entstehen sollte.

Robert Leichsenring überraschte und begeisterte die Zuhörer mit diesen unbekannten Zeichnungen und Plänen gleichermaßen. Es war ein spannender Abend.