Stadtentwicklung zur Amtszeit von Jann Jakobs

Beim Vereinsstammtisch am 2. Juli war Jann Jakobs unser Gast. Er war seit 1997 als Beigeordneter für Soziales, Jugend und Gesundheit tätig und von 1999 bis 2002 Bürgermeister der Landeshauptstadt sowie Beigeordneter für Ordnung und Umweltschutz. Von 2002 bis 2018 war er Oberbürgermeister. Bei seiner feierlichen Verabschiedung in den Ruhestand sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke: „Es ist Dein Verdienst, Potsdam zu einer liebenswerten Stadt gemacht zu haben, für alle, die hier leben. Was Du für das Land geleistet hast, ist immens.“

Potsdam nach der Wende

Jann Jakobs berichtete über seine Arbeit und die seiner Vorgänger. Wesentliche innerstädtische Entwicklungen waren Ende der 1990-er Jahre bereits in die Wege geleitet: Die Rettung der denkmalgeschützten Innenstadt sowie Erhalt und Sanierung der Plattenbaugebiete aus DDR-Zeit, in denen heute ein Drittel der Potsdamer wohnen. Jann Jakobs war bereits als Beigeordneter in diesen Prozess eingebunden – in seinen Bereich fielen die Verhandlungen mit den Hausbesetzern, die sich zum Beispiel in der Gutenbergstraße eingerichtet hatten. Jakobs setzte auf klare Ansagen: Kein besetztes Haus mehr zur Bundesgartenschau 2001.

Matthias Platzeck und Jann Jakobs

Sein Verhältnis zu Matthias Platzeck beschrieb er so: Matthias war Sympathieträger, er hat das Image der Stadt gewandelt, weg von der Hauptstadt der Meckerer. „Ich war derjenige, der den Alltag organisiert hat, auch Müllabfuhr und Straßenreinigung.“ Als Oberbürgermeister stärkte Jakobs die Verwaltungsstrukturen. Er baute einen modernen und funktionierenden Bürgerservice auf, der bundesweit als vorbildlich galt. Er kann sich nicht erklären, warum es heute dort riesige Warteschlangen gibt.

Meilensteine der Stadtentwicklung

Als gelungen bezeichnete Jakobs die Entwicklung des Bornstedter Feldes, aktuell Wohnort für 14.000 Potsdamer, und die Neubebauung des Alten Marktes. Hier lobte er vor allem Hasso Plattner und sprach die Hoffnung aus, dass ihm die Stadtverordneten bei der Entwicklung des „Kreml“ keine Steine in den Weg legen. Jakobs befürchtet,  dass es mit Wettbewerbsverfahren zu endlosen Verzögerungen kommt.

Zankapfel Rechenzentrum

Manche würden es als einen Fehler in seiner Amtszeit bezeichnen, dass er die Überlassung des Rechenzentrums für Nutzung durch Künstler und Unternehmen der Kreativbranche zugelassen habe. Er stehe jedoch dazu, denn es sei damals nicht abzusehen gewesen, dass der Turm der Garnisonkirche so schnell gebaut wird und das Kreativquartier kommen würde. Die Stadt habe damals auf den Bedarf reagiert. Für die spätere Verlängerung der Nutzungsfrist hätte es keinen Bedarf gegeben.

Unsere Vereinsmitglieder hatten noch viele Fragen. Mit seinem Vortrag und den Antworten fügte Jann Jakobs ein wichtiges Kapitel zu unserem Jahresthema „Die  Stadtentwicklung im Herzen Potsdams“ hinzu. Die nächste Veranstaltung dazu ist ein Stadtrundgang mit Sigrun Rabbe, Geschäftsführerin des Sanierungsträgers Potsdam, am 16. September.

Zwischen Protest und Erneuerung – Stadtentwicklung im Wandel der Zeit

Im Rahmen unseres Jahresthemas „Die Stadtentwicklung im Herzen Potsdams“ stellte Saskia Hüneke in ihrem Vortrag am 16. Mai 2025 im Roten Salon des Wiener Cafés die Zielsetzungen der Stadtentwicklung als Teil der Friedlichen Revolution vor. Sie beleuchtete dabei die spannendsten Diskurse und Aushandlungsprozesse seit 1990. Die Gruppe ARGUS galt als eine wichtige Stimme in diesem Diskurs sowie das Stadt-Forum als Plattform für Beteiligung und Dialog.

Erhalt der Barocken Stadterweiterung

Im April 1988 gründete sich in Potsdam ARGUS – die Arbeitsgemeinschaft für Umweltschutz und Stadtgestaltung. Unter dem Dach des Kulturbundes der DDR organisiert, kämpften die Mitglieder gegen Umweltverschmutzung, beschäftigten sich mit dem Verfall im Gebiet der Zweiten Barocken Stadterweiterung und organisierten die ersten DDR-weiten Treffen von Umweltgruppen. Mit einem »Argusauge«, so der Name des zensierten Vereinsblatts, dokumentierten sie den massiven Verfall und Abriss der historischen Potsdamer Innenstadt. Der mutige Protest wurde unterstützt durch die parallel entstandene Potsdamer Gruppe des grün-ökologischen Netzwerkes Arche, deren Ausstellung »Suchet der Stadt bestes« im August 1989 in der Nikolaikirche gezeigt wurde. Gemeinsamer Erfolg: Am 1. November 1989 beschlossen die Potsdamer Stadtverordneten den sofortigen Abriss-Stopp, ein Runder Tisch des Bauens entstand. In der Folge wurden sehr schnell die Weichen zu einer „Behutsamen Stadterneuerung“ gestellt.

Potsdamer Kulturlandschaft

Als einzigartig beschreibt Hüneke den Potsdamer Stadtraum, der von den weit in die Stadtmitte führenden Parkanlagen und Grünräumen gekennzeichnet ist. So wurde bereits 1990 den „Schlössern und Parks von Potsdam und Berlin“ der UNESCO-Welterbetitel verliehen. Eine Verpflichtung, behutsam mit der umgebenden Stadtbebauung umzugehen und Landschaftsbilder zu erhalten. Als Negativbeispiele schilderte sie die vergeblichen Diskussionen um die Bebauung des Glienicker Horns, das seit der Fertigstellung die Landschaftsbilder zwischen Park Babelsberg und Havellandschaft beeinträchtigt.
Nur teilweise erfolgreich waren die Auseinandersetzungen um das Potsdam-Center am Hauptbahnhof, das zuerst als Stadtteil auf sieben Meter Höhe über den Bahngleisen gedacht, auch heute noch die Stadtlandschaft am Fluss dominiert. Nach zahlreichen Protesten wurde zunächst nur ein Drittel des Bauvorhabens unverändert realisiert, bleibt etwas Freiraum am Nordausgang erhalten.

Potsdams Mitte

Erste sichtbare Zeichen für die Innenstadtentwicklung waren der Abriss des Betonkerns des geplanten Hans-Otto-Theaters und der Bau des Fortunaportals durch eine Spende von Günther Jauch. Seitdem schreitet der öffentliche, teils konfliktreiche Diskurs um die „Wiedergewinnung der historischen Mitte“ weiter voran, konkretisieren Stadtverordnetenbeschlüsse wie der zum Landtag in der äußeren Gestalt des Stadtschlosses, begegnen sich darüberhinaus historisierende und moderne Neubauten in der alten Stadtstruktur.

Foto: Dortustraße im August 1989 © Norbert Blumer


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