KAPmeets Tabea Zimmermann

„Voilà Viola“ stand über dem Konzert der Kammerakademie unter Leitung der Solistin Tabea Zimmermann am 27. April 2024, das Mitglieder des Kulturstadtvereins besuchten. Die Künstlerin bezeichnet sich selbst als „Musikerin mit dem Instrument Bratsche“ und wird weltweit für ihr tiefes musikalisches Verständnis und die Natürlichkeit ihres Spiels gefeiert. Viele Konzertbesucher nutzten die kleine Konzerteinführung mit der Geschäftsführerin Adrianna Kussmaul und der KAP-Cellistin Alma-Sophie Starke. Eine kluge Entscheidung, denn es kam ein besonderes Programm zur Aufführung. Im Mittelpunkt des Konzertabends stand der Berliner Komponist Paul Hindemith (1895 – 1963), der selbst Bratschist war und unzählige wegweisende Werke für das Instrument schrieb und es stets als Soloinstrument exponierte.

Die Bratsche (der Name kommt aus dem Italienischen, viola da bracio = Armgeige) fristete lange Zeit ein Mauerblümchendasein neben dem Klang der Violinen. So schrieb Hector Berlioz 1844 in seiner Instrumentationslehre, dass „der Ton ihrer tiefen Saiten einen eigentümlichen, herben Klang hat, während ihre Töne in der Höhe einen traurig-leidenschaftlichen Charakter annehmen“. Gleich zu Beginn spielte Tabea Zimmermann die Solosonate op. 25 Nr. 1 von Hindemith und lieferte einen anspruchsvollen Beweis für die beschriebene Charakteristik.

Bei der Kantate „Gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt“ von Johann Sebastian Bach (1685-1750) kamen zur Bratsche, Fagott, Streicher und Cembalo hinzu, während bei der anschließenden „Trauermusik“ von Hindemith das Streichorchester mit Solo Viola zum Klang kam. Zu deren Entstehungsgeschichte erzählte die Künstlerin beim Nachgespräch im Foyer, dass sich Hindemith 1936 gerade auf Konzertreise in London befand, um den „Schwanendreher“ persönlich uraufzuführen, als König Georg V. zwei Tage vor dem Konzert starb. So komponierte Hindemith, der stets schnell arbeitete, innerhalb von wenigen Stunden die Trauermusik für Viola und Streichorchester. „Er habe sehr schnell getrauert“, soll sein Kommentar gewesen sein.

Die Meditation über Bachs Choral „Vor deinen Thron tret ich hiermit“ von Sofia Gubaidulina (*1931), die das Werk als Synthese östlicher und westlicher Tradition versteht, gehört zum Genre der experimentellen Musik. Die Musiker spielten es mit Esprit und Hingabe, die Zuhörer ergründeten 13 Minuten deren Faszination.

Nach der Pause wurde die Serenade Nr. 2 A-Dur op.16 von Johannes Brahms (1833-1897) mit Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagott, Hörnern und Streichern aufgeführt. Die fünf Sätze der Serenade erinnern mit ihrem überwiegend freundlich-gelassenem und lyrisch-poetischem Tonfall an vergangene Zeiten.

Beim Gespräch nach dem Konzert im Foyer des Nikolaisaals beantwortete Tabea Zimmermann die kurzweiligen Fragen von rbb-Moderatorin Anja Herzog mit Herzblut und Sympathie. So zum Beispiel, ob es nicht schwer wäre, auf der Bratsche musizieren zu lernen. „Gar nicht“, kam prompt die Antwort von der Südbadenerin. Es hänge einzig und allein von der Qualität des Musiklehrers ab. Es müsse zum Erlernen eines Instrumentes die beste Lehrkraft gefunden werden.

Ganz nebenbei erfuhren die Zuhörer, dass die Künstlerin Präsidentin der Schweizer Hindemith-Stiftung ist und ein besonderes Interesse daran hat, dass Hindemith-Kompositionen zur Aufführung gelangen, um über die fälligen GEMA-Gebühren die wissenschaftliche Aufarbeitung des Gesamtwerkes finanzieren zu können. Gut, dass wir unseren kleinen Beitrag dazu geleistet haben.

Foto: Marco Borggreve

Auf den Spuren den Roten Sterns

Mitglieder des Kulturstadt Potsdam e.V. begaben sich am 22. April 2024 auf die Spurensuche nach Zeugnissen der sowjetischen Armee in der Jägervorstadt, geführt von Robert Leichsenring. Er wohnte als Kind in der Helene-Lange-Straße und hatte sowjetische Offiziersfamilien in unmittelbarer Nachbarschaft. Nur ein paar Häuser weiter liegt die Garde-Ulanen-Kaserne, deren Hauptgebäude damals sowjetische Schule war und auf deren Hof es auch ein Militärgefängnis gab.

„Städtchen“ nannten die Sowjets ihre Militärviertel. Und zur Infrastruktur der Potsdamer Städtchen gehörten Kindergärten und Schulen, ein Postamt, Gaststätten, Einkaufsläden und sogar Schweineställe. Robert Leichsenring erlebte den Abzug der Sowjetarmee als Schüler. Er lernte damals an der Russischschule in Potsdam (Russisch ab Klasse drei), nahm an der Verabschiedung der Potsdamer Garnison teil und studierte später Slawistik.

Unser Stadtbilderklärer sorgte für spannende Einblicke in den Alltag der einfachen Soldaten. Als „Schatzsucher im Internet“ zeigte er an den passenden Orten historische Aufnahmen, die Militärs und ihre Angehörigen vor Potsdamer Kulisse zeigen. Außerdem konnte er zahlreiche Anekdoten einstreuen, zum Beispiel vom Tauschhandel: Bei den Soldaten sehr beliebt war die DDR-Zeitschrift „Magazin“, weil dort jedesmal ein Aktfoto abgebildet war. Im Tausch gegen Magazin-Hefte konnte man Kaninchen bekommen.

Potsdam und Versailles – zwei schöne Schwestern

Beim Vereinstreff am 3. April 2024 stellte Jutta Michelsen, Vorsitzende des Freundeskreises Potsdam-Versailles e.V., die Entwicklung und die Vereinsaktivitäten der Städtepartnerschaft vor. Seit mehr als zehn Jahren bietet der Verein attraktive Angebote für Mitglieder und Interessierte an.

Die Städtepartnerschaft zwischen Potsdam und Versailles hat eine lange Vorgeschichte. So gründete sich noch vor der deutschen Wiedervereinigung in Potsdam im Juni 1990 die Deutsch-Französische Gesellschaft, die mit Veranstaltungen und Reisen fundierte Kenntnisse über Frankreich vermittelte. Es gab sogar erste Kontakte nach Versailles,  man regte eine Städtepartnerschaft an, aber die Zeit war dafür noch nicht reif – Versailles hatte bis dahin Anfragen aus aller Welt stets abgelehnt und Potsdam war bereits seit 1974 mit Bobigny verbunden. Bobigny liegt drei Kilometer nordöstlich von Paris, zehn Kilometer vom Zentrum der französischen Hauptstadt entfernt. Der Austausch zu DDR-Zeiten beschränkte sich auf einseitige Besuche der Franzosen in Potsdam. Die Partnerschaft zu Bobigny wird derzeit leider nicht aktiv gelebt.

2013, zum 50. Jahrestag der Unterzeichnung des Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrags durch de Gaulle und Adenauer, gaben die Versailler ihre Zurückhaltung auf. Im September 2013 unterschrieben die Bürgermeister von Potsdam und Versailles eine Absichtserklärung und im Juni 2016 wurde der Partnerschaftsvertrag schließlich offiziell unterzeichnet. Auf bürgerschaftlicher Seite war damals Oliver Germer die treibende Kraft – er war Elternvertreter an der Goethe-Grundschule, die bereits enge Kontakte zu einer Grundschule in Versailles unterhielt.  Beide Städte passen offensichtlich ideal zusammen: sie befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu Hauptstadt-Metropolen und stehen sich bei Anzahl und Pracht der Gesamtkunstwerke, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören, in nichts nach.

Seitdem entwickelte sich ein reger Austausch zwischen den Bürgern der Partnerstädte, die sich wechselseitig besuchen und dabei die Sprache, die Kultur und die Geschichte des jeweils anderen kennenlernen und eine wunderbare Gastfreundschaft erfahren. Der Freundeskreis Potsdam-Versailles e.V. vermittelt Kontakte zwischen Organisationen, Institutionen und Bürgern beider Städte. Er vermittelt Schulpartnerschaften für Potsdamer Schulen, organisierte zwei Bürgerreisen 2014 und 2015 und unterstützt die Stadtverwaltung bei der Vorbereitung von Treffen der beiden Bürgermeister. Viele herzliche Freundschaften sind in den wenigen Jahren entstanden!

Finanziell hilfreich ist dabei der Deutsch-Französische Bürgerfonds, der Gruppen fördert, die sich mit Projekten aktiv für eine starke europäische Zivilgesellschaft einsetzen.

Die Vereinsmitglieder treffen sich regelmäßig zum Austausch und zur Planung neuer Aktivitäten. Interessierte sind dabei jederzeit herzlich willkommen – eine kurze E-Mail genügt, betonte Jutta Michelsen zum Schluss ihres Vortrags. Die nächsten Termine sind auf der Webseite des Vereins zu finden.

Übersicht der Partnerstädte der Landeshauptstadt Potsdam – PDF

Neujahrsempfang auf Hermannswerder

Für den 14. Januar 2024 hatte der Vorstand zum Neujahrsempfang auf die Insel Hermannswerder eingeladen. Wir waren zu Gast bei der Hoffbauer Stiftung. Vereinsvorsitzende Fides Mahrla begrüßte die Mitglieder und wünschte allen für 2024 Gesundheit und Glück. Der Verein wählt für seine Neujahrsempfänge gern Orte, die in der Geschichte eine besondere Rolle gespielt haben, und die eigentlich nicht öffentlich zugänglich sind. Vorstandsmitglied Olaf Gutowski stellte den Kontakt zur Hoffbauer Stiftung her, die dann auch mit einem Chorauftritt und einem Vortrag für einen gelungenen Jahresauftakt sorgte.

Jugendchor begeisterte

Den ersten Teil gestaltete die Junge Kantorei des Evangelischen Gymnasiums Hermannswerder, die mit ihrem Auftritt alle Zuhörer in festliche Stimmung versetzte. Sichtlich bewegt bedankte sich Fides Mahrla bei den jungen Sängerinnen und Sängern für die künstlerisch überzeugende Leistung. Die musische Erziehung bildet am Evangelischen Gymnasium einen Schwerpunkt. Es gibt einen Kinderchor, einen Jugendchor und eine Junge Kantorei. Unser Verein spendete anlässlich des Jahresempfanges 500 Euro für die Chorarbeit. Die Förderung der Kultur in Potsdam, insbesondere des Nachwuchses, ist Satzungszweck des Kulturstadt Potsdam e.V.

Über 150 Jahre wechselvolle Geschichte

Frank Hohn, Vorstandsvorsitzender der Hoffbauer-Stiftung, hielt im Anschluss einen Festvortrag zum Thema: „Die Hoffbauer-Stiftung auf dem Weg durch die Zeit“. Er gestaltet seit vielen Jahre die Geschichte selbst mit und nutzte diese Jahre auch, um Zeitzeugen-Interviews zu führen. So gelang ihm ein spannender Vortrag mit kleinen Anekdoten vor ernsthaftem Hintergrund. Eine private Stiftung zu gründen, ihr einen Sinn zu geben und sie über die Wirrungen der Geschichte zu bringen, das hätte genug Stoff für einen Roman geboten. Frank Hohn ist es gelungen, uns die Hoffbauer Stiftung mit einer Kurzfassung nahezubringen. Viele Mitglieder kennen Hermannswerder bereits. Im Rahmen unserer Reihe „Kultur zum Anfassen“ zeigte uns Stadtführer Robert Leichsenring im Sommer 2023 die Insel als sein Zuhause.

Während des Vortrages von Frank Hohn hatten wir die Zeit vergessen. Nach insgesamt eineinhalb Stunden Stillsitzen freuten sich jetzt alle darauf, miteinander ins Gespräch zu kommen. Mit großem Dank an die Gastgeber entließ Fides Mahrla die Mitglieder ins Foyer, wo die Sektgläser schon gefüllt waren. Dagmar Christl, Karin Hennig, Frank Schröder sowie Ilona und Harald Höckele wirkten hierbei als fleißige Helfer im Hintergrund.

Vereinsstammtisch zum Thema PotsdamWiki

Bei unserem Vereinstammtisch am 6. November 2023 ging es um PotsdamWiki. PotsdamWiki ist eine freie Datenbank für Geschichte und Kultur der Stadt Potsdam. Wir nutzen die Software von Wikipedia. Die Wissenssammlung wurde 2006 vom Kulturstadt Potsdam e.V. ins Internet gestellt und wird durch ehrenamtliche Mitarbeiter gepflegt. Jeder kann mitmachen: Als ehrenamtlicher Redakteur, als Korrekturleser oder als Fotograf.  Jeder nach seinen Interessen und jeder, so viel er mag. Im Laufe der Jahre sind dabei 1800 Artikel über Potsdamer Gebäude, Persönlichkeiten und Begebenheiten zusammengekommen. Über 8 Millionen Menschen haben mindestens einen Artikel gelesen.

Wir haben in diesem Jahr eine Software-Aktualisierung vorgenommen, so dass PotsdamWiki jetzt ganz leicht zu nutzen und zu bearbeiten ist. Fides Mahrla und Bolko Bouché präsentierten das Wiki und seine Nutzung:

1. Als Leser haben Sie drei Möglichkeiten, sich durch die Wissenssammlung zu navigieren:

  • Über „Zufälliger Artikel“.
  • Durch Suche im „Themenportal“
  • Über die Volltext Suche, Textfeld „PotsdamWiki durchsuchen“, oben im blauen Balken.
    Zum Beispiel: Sie können den Straßennamen eingeben, wenn Sie alles über Ihre Straße erfahren wollen.

2. Sie können einen Artikel bearbeiten.
Dafür müssen Sie sich rechts im blauen Balken „Anmelden“.
Sie können sich mit Ihrem Namen anmelden oder sich einen Namen ausdenken.
Nach der Anmeldung erscheint unter „Aktionen“ ein Untermenü mit „Bearbeiten“.
Die Textbearbeitung ist so einfach wie in „Word“.

3. Sie können ein Bild hochladen.
Sie müssen dafür angemeldet sein.
Sie gehen auf den Artikel, zu dem das Bild gehören soll.
Sie gehen auf Einfügen, Untermenü Bilder und Medien.

4. Sie können nichts falsch machen.
Alle Versionen werden aufbewahrt, Änderungen können problemlos rückgängig gemacht werden.
So geht es: Unter „Aktionen“ die „Versionsgeschichte“ anzeigen lassen.
Gewünschte Aktionen mit Mausklick aktivieren.
„Versionen vergleichen“ anklicken.

5. Das müssen Sie beachten:
Denken Sie an das Urheberrecht und das Recht am eigenen Bild.
Verwenden Sie nur eigene Texte und Bilder.
Abgebildete Personen müssen mit der Veröffentlichung einverstanden sein.

Wir freuen uns auf Ihre Mitarbeit. Wenn Sie Hilfe brauchen, melden Sie sich bitte entweder/oder bei:
Fides Mahrla: verein@kulturstadt.potsdam.de
Bolko Bouché: presseinfo@kulturstadt.potsdam.de
Bei Bedarf laden wir Anfang 2023 die Anwender zu einem Einsteiger-Seminar.

Hoch hinaus mit PotsdamWiki

Im Juni 2023 durften wir zum Fotografieren für das PotsdamWiki auf den Turm der Garnisonkirche steigen.
Hier ein kleiner Vorgeschmack: Weitere Motive sind im PotsdamWiki zu finden.

Havelländische Malerkolonie zeigt „Max Koch – Das Spätwerk“

Im Jahr 2008 wurde im letzten erhaltenen Kossätenhaus in Ferch ein Museum eröffnet, das inzwischen Mitglied in euroArt, einer Vereinigung europäischer Künstlerkolonien, geworden ist.  Im Mittelpunkt der Arbeit stehen regelmäßige wechselnde Ausstellungen, Fachvorträge und Führungen durch das Museum, die Pflege und Erweiterung der eigenen Sammlung sowie die Forschung zu Werken und Künstlern der Havelländischen Malerkolonie. Die Sammlung des Museums umfasst Werke der Künstler Karl Hagemeister, Arthur Borghard, Carl Kayser-Eichberg, Johannes Hänsch sowie Hans-Otto Gehrcke.

Das Museum wird durch die Mitglieder des Fördervereins Havelländische Malerkolonie e.V. ehrenamtlich betreut, die Gemeinde übernimmt lediglich die Betriebskosten, erklärte die Vereinsvorsitzende Carola Pauly den Teilnehmern der Führung am 19. Oktober 2023 durch die Ausstellung „Max Koch – Das Spätwerk“, die in Kooperation mit dem Potsdam Museum und seinem Förderkreis, sowie durch eine private Initiative des Max-Koch-Experten Heinz-Werner Lawo und weiterer privater Sammler entstand.

Markus Wicke, Vorsitzender des Fördervereins für das Potsdam Museum und selbst Max-Koch-Sammler, führte durch die Sonderschau eines in Vergessenheit geratenen Künstlers.

Max Koch (1859-1930) war in Berlin ein sehr erfolgreicher Künstler, der vor allem für seine monumentalen Dekorationsmalereien in öffentlichen Gebäuden bekannt war. Als Professor unterrichtete er dieses Fach am Kunstgewerbemuseum bis in hohe Alter, daneben war er aber auch ein Multitalent. Er entwarf große Panoramen und Theatervorhänge, lieferte Vorlagen für Mosaiken und Gobelins sowie Illustrationen für Bücher. Seine Panoramen und Dekorationsmalereien sind fast vollständig vernichtet. Vieles ist also nur als Rekonstruktion wieder ins allgemeine Gedächtnis zurückzuholen.

Seine Liebe zum Wasser ließ Koch zum Wahlpotsdamer werden. Er bezog in der Berliner Vorstadt eine Villa am Tiefen See und ließ sich dort ein Motorboot zum Atelierboot, seinem „Malkasten“, umbauen. Max Koch malte so – als erster vom Wasser aus – Potsdamer Motive vom Stadtkanal, der Alten Fahrt sowie der umgebenden Havelländischen Seenlandschaften.

Aufgrund der großen Nachfrage wurde die Ausstellung bis zum 24. März 2024 verlängert. Weitere Informationen hier

 

Erkundung im „vergessenen“ Park

Nachdem im Mai Dr. Carsten Leßner bei unserem Vereinsstammtisch zu Gast war, erlebten wir ihn nun vor Ort. Dr. Leßner ist im Ehrenamt Vorsitzender vom Wildpark-Verein. Beruflich leitet er die Oberste Jagd- und Forstbehörde des Landes Brandenburg, die beim Landwirtschaftsministerium angesiedelt ist. Und privat geht er regelmäßig im Wildpark Potsdam zur Jagd.

Bei einer Führung am 8. Oktober stellte er unseren Mitgliedern seinen Wildpark als Denkmal im Bereich des UNESCO-Weltkulturerbes vor. Der Wildpark ist mit 875 Hektar Fläche ungefähr dreimal so groß wie der Park Sanssouci. Auf der gut zweieinhalbstündigen Wanderung sahen wir davon auch nur einen kleinen Teil. Dr. Leßner sprach über die Geschichte des Wildparks als königliches Jagdgebiet, angelegt nach Plänen von Peter Joseph Lenné. Wir lernten, die historischen vierreihigen Baumalleen zu entdecken, die jetzt langsam absterben und erneuert werden müssen. Zuvor erbringen sie Totholz aber noch eine wertvolle Biotop-Leistung für den Wald.

Carsten Leßner erläuterte seine Sicht auf die spannungsreiche Beziehung von Forstwirtschaft und Jagd: Zuviel Wild verhindert die Walderneuerung, weil junge Laubbäume gefressen werden. Er sprach über die Rückkehr des Wolfs, den er trotz seiner eigenen Jagdleidenschaft nicht als Bedrohung ansieht. Außerdem über die „zivile“ Nutzung des Potsdamer Wildparks durch Spaziergänger, Jogger und Radfahrer, die leider auch mit Müll- und Vandalismusproblemen verbunden ist. Weitere Themen waren: Historische Bauwerke im Park, Waldschule für Grundschüler, Wildschweine und Wildschweinpest, Konkurrenz ums Grundwasser, weiße Hirsche und der Wunsch nach einer Fußgängerbrücke über die Eisenbahn.

Beim Thema Waldumbau – Laub- statt Nadelwald – stellte Carsten Leßner uns den Eichelhäher als emsigen Helfer vor. Diese schönen Vögel können bis zu zehn Eicheln in ihrem Kropf sammeln. Sie verstecken sie und tragen damit erheblich zur Ausbreitung der Eichenwälder bei. Er sagte: „Sie vergessen die Eicheln nicht, sondern betreiben damit Daseinsvorsorge.“

Über 30 Vereinsmitglieder hörten aufmerksam zu. Wir haben aus erster Hand eine Menge Wissenswertes erfahren, was sicher auch ein bisschen Einfluss auf das eigene Verhalten haben wird. Zum Beispiel: Langlebiges Holz im Wohnbereich verwenden, anstelle kurzlebiger Spanplatten. Der Kulturstadt Potsdam e.V. bedankte sich beim Förderverein Wildpark mit einer Spende. Vielleicht kommen wir so der Brücke über die Eisenbahn ein kleines Stück näher?

Potsdamer Linien – Alltagsfotografien von Werner Taag

Das Potsdam Museum zeigt zur Zeit die Sonderausstellung „Potsdamer Linien. DDR-Alltagsfotografie von Werner Taag“. Kurator Robert Leichsenring, Stadtführer und freier Mitarbeiter am Potsdam Museum, führte die Mitglieder am 26. September 2023 durch die Ausstellung und erläuterte die (Stadt)Geschichten hinter den Bildern.

Spannend war bereits der Start im Foyer des Museums, wo das Vorderteil eines O-Busses von Skoda aus Tschechien zu sehen ist. Der Förderverein Historische Straßenbahn Potsdam e.V. erwarb das Ausstellungsstück von einem privaten Besitzer, der es jahrzehntelang als Bar in seiner Gartenlaube genutzt hat. Der Potsdamer Linienbus war davor in Dresden im Einsatz, worauf die braunen Mittelstreifen hindeuten. Ausgestattet mit einer Museums-Eintrittskarte und einem frisch gelochten Fahrschein durften wir in den Ausstellungsraum „einsteigen“.

Die Sonderschau zeigt Aufnahmen des Potsdamer Amateurfotografen Werner Taag (1915 – 1998) aus den Jahren zwischen 1949 und 1989, ergänzt durch ausgewählte Ausstellungsobjekte. Als langjähriger Mitarbeiter der Potsdamer Verkehrsbetriebe war der leidenschaftliche Bildchronist immer mitten im städtischen Geschehen unterwegs und selbst aktiv am Aufbau der Stadt beteiligt. Taag dokumentierte den Wandel der Stadt und ihrer Bewohner über rund fünf Jahrzehnte hinweg. Dabei sind u.a. im Jahr 1958 auffällig viele Abrisse in Potsdam zu beobachten.

Robert Leichsenring ist als Vorsitzender des Fördervereins „Historische Straßenbahn Potsdam e.V.“ ein kompetenter und zugleich begeisterter Kenner des Potsdamer öffentlichen Nahverkehrs. Details auf den Fotos erschließen sich oft nur durch seine Erläuterungen. So bedeutet das „Z“ an der Frontseite der Straßenbahn, dieser Waggon kann nur mit Zeitkarte benutzt werden. „OS“ bedeutet, Zug ohne Schaffner und „E“ Entwerter, der Fahrschein muss vorher gekauft werden. Bis dahin konnte der Fahrschein beim Schaffner erworben werden.

Für Potsdam ist es ein Glücksfall, dass der Nachlass von Werner Taag erhalten blieb. Dank des Engagements des Fördervereins des Potsdam Museums und der Unterstützung zahlreicher Spender konnte die mehrere zehntausend Motive umfassende Sammlung 2018 erworben und in den darauffolgenden Jahren erschlossen werden.

Die Sonderausstellung ist noch bis 28. Januar 2024 geöffnet.

Text und Foto: Fides Mahrla

Stammtisch mit Andreas Kitschke

Der Baufachmann, Denkmalpfleger und Kirchenhistoriker Andreas Kitschke war am 4. September beim Vereinsstammtisch in der Kirche am Neuendorfer Anger zu Gast. Sein Thema lautete: der Potsdamer Lustgarten (1945-2014). Natürlich fing die Geschichte bei ihm nicht im Jahre 45 an, sondern beim ersten Renaissancegarten, beim Kurfürsten und seinem Pomeranzenhaus (später Marstall, heute Filmmuseum). Es folgte der Soldatenkönig. Andreas Kitschke mag die Bezeichnung nicht, weil dieser König bekanntlich keine Kriege führte. Aber Friedrich Wilhelm I. machte den Lustgarten platt für seinen Exerzierplatz.

Kriegszerstörungen, der politisch motivierte Schlossabriss, Stadionbau, Aufmarschstrecke mit Liebknecht-Forum sowie ein Theaterbau, der in der DDR begonnen wurde, waren seine Themen für die Zeit bis zum Mauerfall.

Er hat die Wiederherstellung der historischen Mitte immer vehement befürwortet, deshalb erlaubt er sich auch Kritik an Neubausünden, namentlich an der Blu-Fassade und der neuen Speicherstadt, die er als Störung der historischen Sichtachse vom Brauhausberg aus empfindet.

Auch der neue Lustgarten ist nicht sein Lieblingskind: Zu viel Beton, zu eckig. Dabei hatten die Gestalter zur Bundesgartenschau 2001 gerade auf historische Bezüge verwiesen. Andreas Kitschke war 2014 an einer „Planungswerkstatt im Dialog – Lustgarten“ als Gutachter beteiligt, bei der sieben Planungsbüros ihre Entwürfe eingereicht hatten. Ziel war es, nochmals den Lustgarten anzufassen, um ihn bürgerfreundlicher zu machen, Stichwort: Mehr Grün. Es gab damals eine Infobox und 80.000 Besucher auf einer eigens angelegten Website. Andreas Kitschke sagt: „Danach hat man nie wieder etwas von den Plänen gehört.“

Text und Foto Angerkirche: Bolko Bouché | Fotos vom Lustgarten: Dr. Peter-Michael Bauers

20 Jahre Kulturstadt Potsdam e.V.

Die Vereinsmitglieder feierten am 19. August 2023 ihr traditionelles Sommerfest und begingen gleichzeitig ihr Gründungsjubiläum. Wir waren zu Gast beim Bauverein Winzerberg e.V. und genossen die Abendsonne an festlich gedeckten Tischen. Wie gewohnt hatten die Mitglieder mit Spezialitäten aus der eigenen Küche zu einem reich gedeckten Tisch beigetragen. Dazu gab es Fleisch vom Grill. Bis zum Einbruch der Dunkelheit verbrachten die Mitglieder und ihre Gäste einen wundervollen Sommerabend mit Musik vom Potsdamer Jazzduo Wallbrecht und angeregten Gesprächen. Unter unseren Gästen waren Marc Jumpers, Leiter des Fachbereichs Denkmalschutz der Stadt Potsdam, und Dr. Uwe Koch, Präsident von Europa Nostra Deutschland sowie Vorstände der mehrerer Kulturerben-Vereine der Stadt Potsdam.

Vorsitzende Fides Mahrla und Vorstand Bolko Bouché erinnerten an die Gründungsgeschichte. Die beiden hatten damals Personen aus ihrem privaten Bekanntenkreis für eine Vereinsgründung geworben und so überaus engagierte Gründungsmitglieder gefunden. So sind Karin Hennig, Peter Schultheiß und Helmut Götschmann bis heute im Verein aktiv. Bis heute aktives Vorstandsmitglied ist Dr. Frank Dietrich, der leider beim Sommerfest nicht dabeisein konnte.

Der Verein wurde seinerzeit gegründet, um durch bürgerschaftliches Engagement die Bewerbung Potsdams als Kulturhauptstadt Europas zu unterstützen. Bekanntlich machte damals die Stadt Essen das Rennen, aber die Begeisterung der Vereinsmitglieder für ihre Stadt hielt an und sie suchten sich neue Aufgaben. Mehr darüber lesen Sie hier.

Das Vereinsjubiläum wurde genutzt, um das aktualisierte www.Potsdam-Wiki.de vorzustellen. Der Online-Stadtführer ist jetzt auch über Handy gut nutzbar, und die Eingabe wurde vereinfacht. Auch Seite www.Kulturerben-Potsdam.de hat ein Update erfahren. Dort werden ab 2024 die Veranstaltungstermine der über 40 Kulturerbenvereine zu lesen sein.

Dem Kulturstadtverein gehören rund 140 Mitglieder an, ein großer Teil von ihnen schon über viele Jahre. Darauf sind wir stolz. Wir suchen zusätzlich aktiven Nachwuchs für unsere Projekte, zum Beispiel ehrenamtliche Redakteure, Fotografen und Korrektoren für Potsdam-Wiki. Dafür muss man kein Vereinsmitglied sein.

Wir bedankten uns bei den Gastgebern vom Winzerberg e.V. für die Gastfreundschaft mit einer Spende. Das Geld wird verwendet, um historische Eisenvasen nachgießen zu lassen.

Impressionen vom Sommerfest 2023 – Fotos von Hans-Jürgen Krackher und Bolko Bouché