„Voilà Viola“ stand über dem Konzert der Kammerakademie unter Leitung der Solistin Tabea Zimmermann am 27. April 2024, das Mitglieder des Kulturstadtvereins besuchten. Die Künstlerin bezeichnet sich selbst als „Musikerin mit dem Instrument Bratsche“ und wird weltweit für ihr tiefes musikalisches Verständnis und die Natürlichkeit ihres Spiels gefeiert. Viele Konzertbesucher nutzten die kleine Konzerteinführung mit der Geschäftsführerin Adrianna Kussmaul und der KAP-Cellistin Alma-Sophie Starke. Eine kluge Entscheidung, denn es kam ein besonderes Programm zur Aufführung. Im Mittelpunkt des Konzertabends stand der Berliner Komponist Paul Hindemith (1895 – 1963), der selbst Bratschist war und unzählige wegweisende Werke für das Instrument schrieb und es stets als Soloinstrument exponierte.
Die Bratsche (der Name kommt aus dem Italienischen, viola da bracio = Armgeige) fristete lange Zeit ein Mauerblümchendasein neben dem Klang der Violinen. So schrieb Hector Berlioz 1844 in seiner Instrumentationslehre, dass „der Ton ihrer tiefen Saiten einen eigentümlichen, herben Klang hat, während ihre Töne in der Höhe einen traurig-leidenschaftlichen Charakter annehmen“. Gleich zu Beginn spielte Tabea Zimmermann die Solosonate op. 25 Nr. 1 von Hindemith und lieferte einen anspruchsvollen Beweis für die beschriebene Charakteristik.
Bei der Kantate „Gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt“ von Johann Sebastian Bach (1685-1750) kamen zur Bratsche, Fagott, Streicher und Cembalo hinzu, während bei der anschließenden „Trauermusik“ von Hindemith das Streichorchester mit Solo Viola zum Klang kam. Zu deren Entstehungsgeschichte erzählte die Künstlerin beim Nachgespräch im Foyer, dass sich Hindemith 1936 gerade auf Konzertreise in London befand, um den „Schwanendreher“ persönlich uraufzuführen, als König Georg V. zwei Tage vor dem Konzert starb. So komponierte Hindemith, der stets schnell arbeitete, innerhalb von wenigen Stunden die Trauermusik für Viola und Streichorchester. „Er habe sehr schnell getrauert“, soll sein Kommentar gewesen sein.
Die Meditation über Bachs Choral „Vor deinen Thron tret ich hiermit“ von Sofia Gubaidulina (*1931), die das Werk als Synthese östlicher und westlicher Tradition versteht, gehört zum Genre der experimentellen Musik. Die Musiker spielten es mit Esprit und Hingabe, die Zuhörer ergründeten 13 Minuten deren Faszination.
Nach der Pause wurde die Serenade Nr. 2 A-Dur op.16 von Johannes Brahms (1833-1897) mit Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagott, Hörnern und Streichern aufgeführt. Die fünf Sätze der Serenade erinnern mit ihrem überwiegend freundlich-gelassenem und lyrisch-poetischem Tonfall an vergangene Zeiten.
Beim Gespräch nach dem Konzert im Foyer des Nikolaisaals beantwortete Tabea Zimmermann die kurzweiligen Fragen von rbb-Moderatorin Anja Herzog mit Herzblut und Sympathie. So zum Beispiel, ob es nicht schwer wäre, auf der Bratsche musizieren zu lernen. „Gar nicht“, kam prompt die Antwort von der Südbadenerin. Es hänge einzig und allein von der Qualität des Musiklehrers ab. Es müsse zum Erlernen eines Instrumentes die beste Lehrkraft gefunden werden.
Ganz nebenbei erfuhren die Zuhörer, dass die Künstlerin Präsidentin der Schweizer Hindemith-Stiftung ist und ein besonderes Interesse daran hat, dass Hindemith-Kompositionen zur Aufführung gelangen, um über die fälligen GEMA-Gebühren die wissenschaftliche Aufarbeitung des Gesamtwerkes finanzieren zu können. Gut, dass wir unseren kleinen Beitrag dazu geleistet haben.