Beim Vereinsstammtisch am 3. Juli 2024 berichtete Barbara Kuster über Mitteschön. Die Initiative ist seit 2006 aktiv. Sie hat wesentlich dazu beigetragen, dass der neue Landtag mit der Fassade des alten Stadtschlosses errichtet wurde. Die bekannte Kabarettistin engagierte sich hier von Anfang an ehrenamtlich. Sie erinnerte an die Montagsdemos vor dem Fortunaportal und die gedeckten Tafeln auf dem Alten Markt, an denen sich Bürger trafen, um für die Wiederherstellung der historischen Stadtmitte zu werben.
Einflussnahme aufs Stadtbild
Unter dem Motto „wir haben ein Auge drauf“ kommentiert die Initiative seitdem Bauvorhaben, besonders in der Potsdamer Mitte. Das geschieht öffentlich, aber oft auch im persönlichen Gespräch mit Ämtern, mit Stadtplanern und Architekten. So hat Mitteschön zum Beispiel erreicht, dass die „Leitbauten“ in der wiederhergestellten Schloßstraße – wie in der Barockzeit – in Pastelltönen gestrichen wurden. Die Initiative vertritt Anliegen mit Nachdruck und pointiert. Der Einsatz für die Wiederherstellung der historischen Mitte wurde Barbara Kuster in die Wiege gelegt. Sie ist als Tochter eines Handwerksmeisters in der Breiten Straße aufgewachsen und hat das alte Potsdam trotz aller Wunden geliebt. In ihrem Buch „Breite Straße: Eine Familiengeschichte aus Potsdam“ berichtet sie teils autobiografisch über ihre Kindheit und Jugend im Potsdam der Nachkriegszeit.
Garnisonkirche und Stadtkanal
Wichtigstes Thema für Mitteschön ist der viel diskutierte Wiederaufbau der Garnisonkirche mitsamt Kirchenschiff, für das die Initiative ein Nutzungskonzept als Europakirche entwickelt hat. Und auch die Öffnung des Stadtkanals mit der damit verbundenen Begrünung ist ein aktuelles Anliegen.
Partner im Kulturerben-Netzwerk
Mitteschön und Kulturstadt Potsdam e.V. sind Partner im Netzwerk der Potsdamer Kulturerben. Dieses Netzwerk wird von den rund 40 Vereinen gebildet, die in Potsdam ein Baudenkmal, Technisches Denkmal oder Gartendenkmal wiederhergestellt haben, es pflegen und öffentlich zugänglich machen. Es gibt also viele Berührungspunkte.
Beim Vereinsstammtisch am 3. Juni 2024 war Frank Paul, Vorstandsmitglied der Fördergesellschaft zum Wiederaufbau das Garnisonkirche (FWG), zu Gast im Restaurant Knossos. Er stellte den Mitgliedern die FWG vor, die im Februar 2004 auf Initiative des Industrieclubs Potsdam e.V. mit Unterstützung der Evangelischen Landeskirche und der Landeshauptstadt Potsdam gegründet wurde. Leitfaden für die Arbeit der FWG ist der „Ruf aus Potsdam“, der zum Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche aufruft. Dieser wurde am 15. Januar 2004 von mehr als 100 Persönlichkeiten aus Brandenburg und Berlin unterzeichnet. Schirmherren der Wiederaufbau-Initiative sind der Alt-Bischof Wolfgang Huber, Ministerpräsident a.D. Matthias Platzeck und Innenminister a.D. Jörg Schönbohm.
Provisorium in der Kapelle am Turm der Garnisonkirche
Der Kapelle am Turm der Garnisonkirche in Potsdam wurde 2004 das Nagelkreuz von Coventry verliehen. Das Nagelkreuz von Coventry steht als Zeichen der Versöhnung in vielen Zentren der Welt, wo sich Menschen der Aufgabe stellen, an der Überwindung von Gegensätzen mitzuwirken. Die Geschichte des Nagelkreuzes ist von beispielhafter Bedeutung. Am 14. November 1940 zerstörten deutsche Bombengeschwader die Stadt Coventry in England und mit ihr die mittelalterliche Kathedrale St. Michael. Bei den Aufräumarbeiten fanden sich in den Trümmern große eiserne Nägel, die seit dem 14. Jahrhundert die schweren Balken des Gewölbes im Kirchenschiff gehalten hatten. Aus drei solchen Nägeln wurde ein Kreuz gebildet. Daraus entstand das Symbol des Nagelkreuzes von Coventry, das noch heute auf dem Ruinenaltar steht. Später ließ der damalige Dompropst Richard Howard an die Chorwand dahinter schreiben: „Father forgive” (Vater vergib). „So wurde aus den Überresten der Zerstörung ein Symbol geschaffen, das den Geist der Vergebung und des Neuanfangs ausdrücken will: Versöhnung statt Hass“, betonte Paul. Aus Anlass des zehnjährigen Jahrestages der Verleihung des Nagelkreuzes erfolgte die Namensgebung der Kapelle am Turm der Garnisonkirche in Nagelkreuzkapelle.
Einweihung der Nagelkreuzkapelle im Turm der Garnisonkirche
Am Ostermontag 2024 wurde die Nagelkreuzkapelle im Turm der Garnisonkirche mit einem feierlichen Gottesdienst in Dienst genommen. Rund 100 Mitglieder, Freunde und Unterstützer des Netzwerks Nagelkreuzgemeinde und des Wiederaufbaus der Garnisonkirche konnten direkt teilnehmen, weitere sich digital zuschalten. Landesbischof Dr. Christian Stäblein hielt die Predigt, Kreiskantor Björn O. Wiede spielte die neue Schuke-Orgel und die Bachkantate „Erfreut euch, ihr Herzen“ erklang.
Der Potsdamer Frank Paul berichtete, dass im Sommer 2024 der Turm der Garnisonkirche mit einer Aussichtsplattform gemeinsam mir einer Ausstellung durch den Bundespräsidenten Frank-Walther Steinmeier eröffnet werden soll. Die Nagelkreuzkapelle im Erdgeschoss kann schon jetzt im Rahmen von Gottesdiensten besucht werden. Das gesamte Gebäude wird durch Fahrstühle, breite Türen und barrierefreie Sanitärräume für alle Menschen zugänglich sein. Ein besonderes Highlight ist der komplett stufenlos zugängliche Turmaufstieg. Auf einer Höhe von 57 Metern können die Besucherinnen und Besucher zukünftig die beeindruckende Silhouette Potsdams bestaunen. Die Dauerausstellung „Glaube, Macht und Militär“ lädt zur kritischen Auseinandersetzung mit der 300-jährigen Geschichte der Garnisonkirche im Kontext deutscher und europäischer Geschichte ein. Das Ausstellungskonzept stellten uns Wissenschaftler vom ZMSBw (Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) bereits 2021 in einer Hybridveranstaltung vor.
Spenden statt Geschenke
Rund um das Thema „Spenden“ entspann sich eine rege Diskussion. Viele unserer Mitglieder erinnern sich an Spendenaktionen wie die Namenssterne für die Angerkirche, die Pfosten mit Spenderplakette für den Stadtkanal, oder den Namensaufdruck auf den Fensterscheiben im Winzerberg. Im Garnisonkirchturm wurden bereits rund 5.000 Spendenziegel mit Ziegelpatenschaften vermauert. Darunter sind Spender aus unserem Verein, Persönlichkeiten aus Potsdam, Deutschland und weltweit. Auch für andere Teile des Turms werden Spenden gesammelt, wie zum Beispiel für die Glocken und Klöppel des Friedenscarillons.
Kirchenschiff vs. Rechenzentrum
Vorstandsmitglied und Stadtführer Frank Paul beantwortet auch Fragen nach dem aktuellen Stand zum Rechenzentrum und der geplanten Machbarkeitsstudie, soweit dazu aktuell überhaupt eine Aussage getroffen werden kann. Bei Bedarf könnte zu einem späteren Zeitpunkt ein Vortragsabend zu dieser Thematik gestaltet werden. Lesetipp von der Vereinsvorsitzenden Fides Mahrla zum Abschluss des Abends: „Breite Straße: Eine Familiengeschichte aus Potsdam“ von Barbara Kuster.