Zwischen Protest und Erneuerung – Stadtentwicklung im Wandel der Zeit

Im Rahmen unseres Jahresthemas „Die Stadtentwicklung im Herzen Potsdams“ stellte Saskia Hüneke in ihrem Vortrag am 16. Mai 2025 im Roten Salon des Wiener Cafés die Zielsetzungen der Stadtentwicklung als Teil der Friedlichen Revolution vor. Sie beleuchtete dabei die spannendsten Diskurse und Aushandlungsprozesse seit 1990. Die Gruppe ARGUS galt als eine wichtige Stimme in diesem Diskurs sowie das Stadt-Forum als Plattform für Beteiligung und Dialog.

Erhalt der Barocken Stadterweiterung

Im April 1988 gründete sich in Potsdam ARGUS – die Arbeitsgemeinschaft für Umweltschutz und Stadtgestaltung. Unter dem Dach des Kulturbundes der DDR organisiert, kämpften die Mitglieder gegen Umweltverschmutzung, beschäftigten sich mit dem Verfall im Gebiet der Zweiten Barocken Stadterweiterung und organisierten die ersten DDR-weiten Treffen von Umweltgruppen. Mit einem »Argusauge«, so der Name des zensierten Vereinsblatts, dokumentierten sie den massiven Verfall und Abriss der historischen Potsdamer Innenstadt. Der mutige Protest wurde unterstützt durch die parallel entstandene Potsdamer Gruppe des grün-ökologischen Netzwerkes Arche, deren Ausstellung »Suchet der Stadt bestes« im August 1989 in der Nikolaikirche gezeigt wurde. Gemeinsamer Erfolg: Am 1. November 1989 beschlossen die Potsdamer Stadtverordneten den sofortigen Abriss-Stopp, ein Runder Tisch des Bauens entstand. In der Folge wurden sehr schnell die Weichen zu einer „Behutsamen Stadterneuerung“ gestellt.

Potsdamer Kulturlandschaft

Als einzigartig beschreibt Hüneke den Potsdamer Stadtraum, der von den weit in die Stadtmitte führenden Parkanlagen und Grünräumen gekennzeichnet ist. So wurde bereits 1990 den „Schlössern und Parks von Potsdam und Berlin“ der UNESCO-Welterbetitel verliehen. Eine Verpflichtung, behutsam mit der umgebenden Stadtbebauung umzugehen und Landschaftsbilder zu erhalten. Als Negativbeispiele schilderte sie die vergeblichen Diskussionen um die Bebauung des Glienicker Horns, das seit der Fertigstellung die Landschaftsbilder zwischen Park Babelsberg und Havellandschaft beeinträchtigt.
Nur teilweise erfolgreich waren die Auseinandersetzungen um das Potsdam-Center am Hauptbahnhof, das zuerst als Stadtteil auf sieben Meter Höhe über den Bahngleisen gedacht, auch heute noch die Stadtlandschaft am Fluss dominiert. Nach zahlreichen Protesten wurde zunächst nur ein Drittel des Bauvorhabens unverändert realisiert, bleibt etwas Freiraum am Nordausgang erhalten.

Potsdams Mitte

Erste sichtbare Zeichen für die Innenstadtentwicklung waren der Abriss des Betonkerns des geplanten Hans-Otto-Theaters und der Bau des Fortunaportals durch eine Spende von Günther Jauch. Seitdem schreitet der öffentliche, teils konfliktreiche Diskurs um die „Wiedergewinnung der historischen Mitte“ weiter voran, konkretisieren Stadtverordnetenbeschlüsse wie der zum Landtag in der äußeren Gestalt des Stadtschlosses, begegnen sich darüberhinaus historisierende und moderne Neubauten in der alten Stadtstruktur.

Foto: Dortustraße im August 1989 © Norbert Blumer


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